Denn das Gilead-Medikament ist in der Schweiz nur für Genotyp 1 zugelassen. Deshalb vergütet die Krankenkasse – es handelt sich um die Groupe-Mutuel-Tochter Avenir – in diesem Fall Harvoni nicht. Die Frau muss sich also einer Kombitherapie aus Sovaldi und Ribavirin unterziehen, was nicht nur belastender ist, sondern auch deutlich teurer.
BAG: Wirtschaftlichkeit ist kein Argument
Als Zeuge für diese Interpretation tritt im TA-Artikel Markus Heim auf, Chefarzt der Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie am Universitätsspital Basel: Er und sein Team hätten schon mehrere Wiedererwägungs-Gesuche an die Krankenkasse geschrieben – umsonst.
Denn diese stellt sich auf den Standpunkt, dass sie letztlich nur Swissmedic-zugelassene Produkte vergüten kann. Und das Bundesamt für Gesundheit sieht es ebenso: «Da derzeit eine wirksame, zugelassene und vergütete Behandlungsalternative existiert, muss der Krankenversicherer die Therapie mit Harvoni ablehnen. Die Wirtschaftlichkeit von Harvoni während 12 Wochen im Vergleich zur Sovaldi/Ribavirin während 24 Wochen stellt keinen Grund dar, eine Kostengutsprache gutzuheissen», so die Stellungnahme des BAG.
Einzige Ausnahme wäre, dass der behandelnde Arzt dem Vertrauensarzt der Kasse darlegen kann, dass Sovaldi/Ribavirin für die Patientin unverträglich ist.
«Gesetz ist Gesetz»
Der Beitrag wirkt also wie eiin weiteres Beispiel für grassierenden Bürokratismus im Gesundheitswesen – wobei sich die Krankenkasse allerdings solide auf die Position «Gesetz ist Gesetz» stellen kann. Bei genauem Hinsehen taucht denn auch eher ein Swissmedic-Problem auf: In der EU wie in den USA ist Harvoni auch für den Genotypen 4 zugelassen – die Schweizer Zulassungsinstanzen leisten sich hier ein Sonderzüglein.
Im Hintergrund steht, dass Gilead damals, im ersten Bewilligungsverfahren, in der Schweiz auf eine Zulassung für Genotyp 4 verzichtete, weil es noch an Patientendaten mangelte. Dann war der erwähnte Zug eben abgefahren: Anders als in den USA und den anderen europäischen Ländern können bei Swissmedic in laufenden Zulassungsverfahren keine Daten nachgereicht werden, um eine erweiterte Anwendung des Medikaments zu erreichen.
Für eine Zulassung für Genotyp 4 müsste Gilead ein neues Registrierungsgesuch stellen. Ein bekanntlich teures Unterfangen.
Gilead am TV-Pranger
Auch die Konsumentensendung «Kassensturz» machte jetzt die Hepatitis-C-Medikamente Sovaldi und Harvoni zum Thema, Hauptstossrichtung: Die zu teuren Preise für diese Medikamente führen letztlich zu Zweiklassen-Medizin – oder zwingen die Patienten, die Mittel im Ausland aufzutreiben, etwa in Indien.