Dass neue Krebsmedikamente in der Regel nur kleinste Fortschritte bringen, ist bekannt. Aber was bedeutet das konkret? Ein Pharmakologen-Team der Universität Utrecht sowie des National Health Care Institute der Niederlande ging dieser Frage wieder einmal nach. Und zwar anhand der Krebs-Medikamente, die zwischen 1995 und 2020 von der EU-Behörde EMA zugelassen worden waren.
Das Ergebnis war – erwartungsgemäss – nicht berauschend.
Konkret nahmen die Forscher um Lourens Bloem 131 Medikamente respektive Wirkstoffe mit insgesamt 166 Indikationen. Danach suchten sie Beurteilungen und Ratings, die durch insgesamt sieben Organisationen zu diesen Medikamenten publiziert worden waren; zum Beispiel von Medizinfolgen-Agenturen aus vier Ländern, von Onkologen-Gesellschaften oder von einer Fachzeitschrift. Erfasst wurden dabei verschiedene Arten von klinischen Nutzen, so dass am Ende insgesamt 458 (potentielle) Vorteile mit den 131 erfassten Mitteln erzielt werden könnten; zumindest theoretisch.
Die Beurteilungen aus diesen Quellen wandelten die niederländischen Wissenschaftler dann in ein eigenes Ranking um, das den Nutzen kategorisierte: negativ oder nicht messbar; gering; substanziell; gross.
Am Ende wurden 41 Prozent der indizierten Benefits als negativ oder nicht messbar kategorisiert (189). Bei 23 Prozent erschien der Nutzen als gering (aber vorhanden). Als stark («major benefit») erschien das Resultat in 59 Fällen.
Besonders ungünstig war das Verhältnis allerdings bei jenen Medikamenten, die im beschleunigten Verfahren durch die EMA bewilligt wurden: Hier gab es besonders viele Produkte ohne Benefit. Was ahnen lässt, dass die Hoffnung in diesen Fällen besonders oft enttäuscht wird.
Je nützlicher, desto rentabler
Die Forscher gingen aber noch einen Schritt weiter – sie verfolgten nämlich auch die Frage, wie lange die Medikamente nach der EMA-Bewilligung benötigten, um die Forschungs- und Entwicklungs-Kosten wieder einzuspielen. Als Benchmark nahmen sie dabei einfach jene Kosten, die in der Onkologie-Entwicklung üblicherweise aufgewendet werden müssen. Dazu durchforschten sie sowohl Finanzanalysten- als auch Geschäftsberichte der Hersteller.
Heraus kam, dass die erfassten (EMA-bewilligten) Produkte nach zwei Jahren die minimalen F&E-Kosten für solch ein Medikament – 166 Millionen Dollar – eingespielt hatten. Die durchschnittlichen F&E-Kosten von 684 Millionen Dollar waren nach drei Jahren eingenommen; und die maximalen Kosten von 2,06 MIlliarden Dollar hatten diese Medikamente nach fünf Jahren als Einnahmen erlangt (jeweils Median-Werte).
Bemerkenswert war dabei insbesondere, dass die Medikamente, die im Ranking der Forscher einen «major benefit» hatten, auch überdurchschnittlich schnell wieder Einnahmen einspielten. Mit anderen Worten: Was nützt, ist auch rentabler.