«Mit einem so hohen Verlust haben wir nicht gerechnet»

Das sagt Bernhard Pulver, Verwaltungsratspräsident der Insel Gruppe, zum 69-Millionen-Defizit im ersten Halbjahr.

, 3. September 2024 um 18:24
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Bild: zvg
Herr Pulver, bereits im Juli haben Sie Ihre Mitarbeitenden über die anhaltende finanzielle Misere der Insel informiert und erste Massnahmen angekündigt. Waren Sie auf den massiven Verlust vorbereitet?
Wir wussten, dass wir einen Verlust schreiben werden, dass dieser aber so hoch ist, damit haben wir nicht gerechnet. Anfang Jahr mussten wir feststellen, dass wir Patienten verloren haben und dass der Umsatz sinkt. Eigentlich hatten wir damit gerechnet, dass wir mehr Patienten von den geschlossenen Spitälern Münsingen und Tiefenau übernehmen können, was leider nicht der Fall war. Auch haben wir von den Zuweisern weniger Patienten erhalten als erwartet.
«Wir sind im Gespräch mit dem Kanton, es braucht bessere Rahmenbedingungen. Dabei geht es nicht um ein Rettungspaket.»
Welchen Einfluss hatten die Unruhen rund um die Insel-Führung und die damit verbundenen negativen Schlagzeilen auf das Ergebnis?
Die öffentliche Diskussion rund ums Inselspital, inklusive der anonymen Mobbingvorwürfe, hat sicherlich bei manchen Patienten und Zuweisern zur Frage geführt: «Soll man überhaupt noch ins Inselspital gehen?»
Welche Massnahmen sehen Sie nun vor, um «das Ruder herumzureissen»?
Für uns ist klar, dass wir umsteuern müssen. Wir müssen effizienter werden, haben wir doch in der letzten Zeit an Produktivität verloren. Davon kann leider nicht alles auf die Einführung von Epic im März 2024 zurückgeführt werden. Wir müssen unsere OP-Säle besser auslasten oder Abteilungen zusammenlegen. Ebenso müssen wir bei den Investitionen zurückfahren – was auch bedeutet, dass wir unter anderem überlegen, ob wir das Theodor-Kocher-Haus aufstocken werden. Und wir werden letztlich auch Stellen abbauen müssen. Geplant ist eine Senkung der Personalkosten innerhalb eines Jahres von 5 Prozent.
«Die öffentliche Diskussion rund ums Inselspital hat sicherlich bei manchen Patienten und Zuweisern zur Frage geführt: «Soll man überhaupt noch ins Inselspital gehen?»
Im Juni spannte der Kanton Bern für seine Spitäler einen Rettungsschirm von 100 Millionen Franken auf. Wie wahrscheinlich ist es, dass die Insel davon Gebrauch machen muss?
Wir sind im Gespräch mit Kanton und Regierung hinsichtlich einer Verbesserung der Rahmenbedingungen. Dabei geht es aber nicht um ein Rettungspaket. Vielmehr suchen wir gemeinsam nach Lösungen, wie wir finanziell langfristig eine stabilere Position erreichen können.
Wie ist aktuell die Stimmung bei den Insel-Mitarbeitern und wie werden diese unterstützt?
Die Stimmung bei den Mitarbeitenden ist hinsichtlich des Spardrucks und der ungewissen Entwicklung der Situation verständlicherweise gedrückt. Wir veranstalten seit dem Führungswechsel im Mai regelmässige Mitarbeiterinformationen. Dabei können die Mitarbeitenden dem Vorsitzenden der Interimsleitung Christian Leumann, mir sowie weiteren Direktionsmitgliedern und Projektleitenden kritische Fragen stellen. Wir legen zurzeit einen grossen Fokus darauf, die Mitarbeitenden in dieser herausfordernden Zeit mitzunehmen.
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