Der britische Premierminister will das staatliche Gesundheitssystem mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) erneuern. Die Nutzung der Gesundheitsdaten der Bevölkerung sei eine riesige Chance, die Gesundheitsversorgung in Grossbritannien zu verbessern,
Als Beispiel für die praktische Anwendung nennt er die Wartezeiten, die im britischen Gesundheitswesen ein grosses Problem sind. Künstliche Intelligenz könne Hunderttausende von Stunden einsparen, die durch verpasste Termine verloren gehen. Mittels KI liessen sich jene Personen auf den Wartelisten identifizieren, die am wahrscheinlichsten nicht erscheinen würden. Diesen könne man helfen, die Unterstützung zu bekommen, die sie bräuchten.
Sicherheitsrisiken befürchtet
Es gibt allerdings viele Kritiker, die bei der geplanten schnellen Digitalisierung des Gesundheitswesens grosse Sicherheitsrisiken befürchten.
Denn die Regierung will privaten Unternehmen erlauben, von den Daten des National Health Service (NHS) zu profitieren. Zu diesem Zweck soll eine Datenbibliothek geschaffen werden. Die darin enthaltenen Gesundheitsdaten sollen für das Training von KI-Modellen genutzt werden.
Schon bisher hat der NHS Patientendaten verwendet, um KI-Modelle zur Vorhersage von Krankheiten wie Bluthochdruck und Augenkrankheiten zu entwickeln. Und prompt gab es auch schon Hacker-Angriffe auf diese Daten. Laut der Zeitschrift «The Guardian» warnte ein KI-Experte vor einer weiteren Gefahr: Anonymisierte Gesundheitsdaten könnten so manipuliert werden können, dass sich Patienten identifizieren lassen.
Patientenwünsche respektiert?
Med-Confidential, eine Organisation, die sich für die Vertraulichkeit im Gesundheitswesen einsetzt, möchte auch Klarheit darüber, ob eine solche Bibliothek mit Gesundheitsdaten jene Patienten respektiert, die eine Ausnahmeregelung unterschrieben haben, die die Verwendung ihrer Daten für Forschung und Planung in England verhindert. Etwa sechs Prozent der Patienten haben eine solche Klausel unterzeichnet.
Die Daten könnten auch für gewinnbringende Zwecke verwendet werden. 2017 beanstandete die britische Datenaufsichtsbehörde eine Partnerschaft zwischen dem NHS und einem privaten KI-Unternehmen. Sie stellte fest, dass das Londoner Royal Free Hospital die personenbezogenen Daten von 1,6 Millionen Patienten an die KI-Abteilung von Google, DeepMind, weitergegeben hatte. Die Datenübermittlung war Teil einer Studie über ein System zur Diagnose akuter Nierenschäden.
Lebensrettende Vorhersagen
Handkehrum könnte der Einsatz von KI in Notfällen lebensrettend sein. So könne etwa die genaue Lage eines Blutgerinnsels im Gehirn eines Schlaganfallopfers bestimmt werden und künftig auch Schlaganfälle vorhersagen und verhindern.
Auch Vorhersagen darüber, welche Patienten am ehesten die Notaufnahme aufsuchen oder die Identifizierung von Menschen mit einem Risiko für Typ-2-Diabetes seien möglich.
Wenn die Gesundheitsdaten anonymisiert sind, fallen sie nicht unter die Datenschutzverordnung. Wenn die Daten jedoch nicht vollständig anonymisiert sind, gelten die Datenschutzgrundverordnung und die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht, was bedeutet, dass für ihre Verwendung die Zustimmung des Patienten erforderlich ist. Es gibt allerdings eine Ausnahme, wenn das öffentliche Interesse überwiegt.
Eine Datenschutzexpertin warnt: Eine robuste Anonymisierung sei keine einfache Aufgabe. Es sei weitaus komplexer als das blosse Entfernen von Namen und anderen offensichtlichen Identifikatoren.