Deutsche Ärzte wollen schärfere Gesetze gegen Gewalt in Praxen

Weil sich Patienten in Arztpraxen zunehmend schlecht benehmen, fordert der deutsche Ärzte-Präsident eine härtere Gangart.

, 14. August 2024 um 08:39
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«Schräge Einschätzung der eigenen Behandlungsdringlichkeit»: Videoaufnahme einer Prügelattacke in einer Klinik in Berlin.
Es brauche deutliche und schnelle Strafen, sonst komme die Botschaft bei einigen Menschen nicht an: So deutlich drückt sich der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung KBV, Andreas Gassen aus.
Gegenüber der «Neuen Osnabrücker Zeitung» klagte Gassen, dass die Lage in deutschen Arztpraxen eskaliere. Aggressives Verhalten, verbale Bedrohungen bis hin zu Tätlichkeiten seien ein wachsendes Problem in den Arztpraxen. Er selber habe schon einen Patienten gehabt, der eine Tür kaputt getreten habe.
Er betont: «In der Regel haben Patienten und Ärzte ein sehr vertrauensvolles Verhältnis.» Doch es gebe eine kleine, leider aber grösser werdende Klientel, die wirklich schwer erträglich ist. Am härtesten treffe es oft die Arzthelferinnen.

Zu hohe Anspruchshaltung

Gassen stellt fest: Immer mehr Patienten hätten eine «schräge Einschätzung der eigenen Behandlungsdringlichkeit.» Es sei inakzeptabel, dass Praxismitarbeiter bedroht oder körperlich angegangen würden, nur weil jemand meine, sein Schnupfen müsste jetzt sofort behandelt werden und er sei nicht freundlich genug behandelt worden.

Mit negativer Bewertung gedroht

Auf «T-Online» berichtet ein Hausarzt aus dem Ruhrgebiet über seine Erfahrungen mit aggressiven Patienten. Er bekomme immer häufiger die Gereiztheit bei den Patienten zu spüren.
Auch er sagt: Die Priorität der eigenen Behandlung werde von Patienten häufig falsch eingeschätzt. «Teilweise kommen Patienten schon in die Praxis und drohen unverhohlen mit einer negativen Bewertung bei Google oder Jameda, wenn sie ein Rezept oder eine Krankschreibung nicht bekommen.»

Ärzte werden zu «Wunschverweigerern»

«Wir als Ärzte werden ungewollt immer mehr als Wunschverweigerer angesehen», sagt er. Wenn die Ansprüche der Patienten nach bestimmten Behandlungsmethoden oder Medikamenten verwehrt werden, würden viele aggressiv reagieren.
Er habe mittlerweile in den Sprechzimmern unter dem Schreibtisch sogar einen Überfallknopf installiert, mit welchem sich im Ernstfall einen Notruf zur Polizei auslösen könne.

Neues Gesetz gegen Gewalt in Arztpraxen

Bislang habe das asoziale Verhalten von Patienten null Konsequenzen, bedauert Ärztepräsident Andreas Gassen. Weil in Deutschland derzeit ein neues Gesetz zum besseren Schutz von Einsatz- und Rettungskräften geplant ist, fordert Gassen nun, dass dieses Gesetz auch auf Arztpraxen ausgeweitet werden soll. Es sei überfällig, das Strafgesetz zu verschärfen, denn auch Praxen müssten sich nicht alles bieten lassen, sagte er.

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