«Cadisc-L» führt bei Hirslanden zu personellen Konsequenzen

Die Privatklinikgruppe Hirslanden holt für die Abklärung im Fall der künstlichen Bandscheiben zwei Experten. Und Max Aebi, der die Implantate am Berner Salem Spital einsetzte, zieht sich bis zum Abschluss der Untersuchung zurück.

, 1. Dezember 2018 um 09:00
image
  • cadisc-l
  • hirslanden
  • spital
Im Fall der unausgereiften künstlichen Bandscheiben Cadisc-L bestehen weiterhin offene Fragen. Bekannt ist: Max Aebi hatte in der Schweiz im Berner Salem-Spital der Privatklinikgruppe Hirslanden sieben solche Bandscheibenimplantate eingesetzt hatte. Die Operationen fanden zwischen 2010 und 2014 statt. 
Die Klinikkette habe deshalb entschieden, eine interne Untersuchung mit unabhängigen externen Spezialisten zu eröffnen. Dies teilt Hirslanden am Samstag mit. Die Abklärungen werden laut Mitteilung sowohl aus medizinischer wie aus rechtlicher Perspektive geführt. 

Andreas Raabe als Untersuchungsleiter

Als Leiter der Untersuchung hat Hirslanden Andreas Raabe beauftragt. Er ist Direktor der Neurochirurgischen Universitätsklinik bei der Berner Insel Gruppe. Raabe übernehme den medizinischen Teil.
Für die juristischen Aspekte sei der Wirtschaftsstrafrechtler Hans Baumgartner von der Zürcher Kanzlei Baumgartner Mächler zuständig, heisst es. 

Es gilt die Unschuldsvermutung

Hirslanden teilt weiter mit, dass sich Max Aebi bis zum Abschluss der internen Untersuchung von seiner Tätigkeit als Belegarzt für das Salem-Spital zurückziehe. Der Name Max Aebi wird in der Mitteilung nicht genannt. Hirslanden schreibt lediglich vom in die Implantation der Cadisc-L-Prothese involvierten Belegarzt. 
Die Privatklinikgruppe lege zudem Wert auf die Feststellung, dass gegenüber sämtlichen Beteiligten grundsätzlich die Unschuldsvermutung gelte. Und um die Untersuchung in keiner Weise zu beeinflussen, werde sich Hirslanden bis zum Vorliegen der Untersuchungsergebnisse nicht weiter zum Sachverhalt äussern, heisst es weiter. 

Zwei Drittel der Prothesen führten zu Problemen

Anfang Woche ist publik geworden, dass Max Aebi das Bandscheiben-Implantat Cadisc-L mitentwickelt hatte. Weil zwei Drittel der implantierten Prothesen allerdings zu gravierenden Problemen führten, wurden die Produkte im Jahr 2014 vom britischen Hersteller Ranier zurückgerufen. 
Wahrscheinlich hätten die Vorkommnisse verhindert werden können. Denn erste Resultate aus Tierversuchen wurden offenbar nicht ernst genug genommen. In einer Analyse eines britischen Radiologen war von «beunruhigenden Veränderungen zwischen dem Implantat und dem Knochen» die Rede.

«Ich kann jederzeit dazu stehen»

Am Freitag hat Max Aebi nun erstmals Stellung zu den Vorwürfen genommen. Aebi sagte gegenüber «10vor10», das Produkt sei in den aufgedeckten Fällen wohl nicht sachgerecht eingesetzt worden. Das Material aus Polyurethan sei sehr empfindlich.
Der Facharzt für orthopädische Chirurgie glaubt, dass er seine Pflicht erfüllt habe: «Ich habe das gemacht, was ich damals machen konnte, und ich kann jederzeit dazu stehen. Ich glaube nicht, dass ich mich da aus der Verantwortung ziehen will oder kann.»
Max Aebi sagte weiter, er habe Nachkontrollen durchgeführt. Dabei sei nie etwas aufgefallen, das nicht sein sollte. Dem Hirslanden-Belegarzt zufolge sind gemäss seinem Wissensstand seine Patienten nicht von den Problemen betroffen. Er habe erst aus den Medien von den Komplikationen erfahren. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

GZO Spital Wetzikon: Definitive Nachlassstundung bewilligt

Damit wird dem Spital Wetzikon die benötigte Zeit eingeräumt, um das Sanierungskonzept anzugehen.

image

Das MediData-Netz: Damit alle profitieren

Die Digitalisierung im Gesundheitssystem ist dringend und bringt Vorteile für Health Professionals und Patient:innen. Die Standardisierung des Forums Datenaustauschs ermöglicht eine sichere Vernetzung und effiziente Prozesse. Das MediData-Netz ermöglicht die schnelle Implementierung neuer Lösungen.

image

Gesundheitsfördernde Materialien gesucht?

Die Wahl passender Materialien ist bei Neu- und Umbauten eine grosse Herausforderung – auch im Gesundheitsbereich. Denn diese müssen unterschiedlichen und hohen Anforderungen gerecht werden. Nicht immer ist das jahrelang Eingesetzte die beste Wahl und neue Alternativen haben es schwer.

image

Spitäler Schaffhausen: Gesamterneuerung teurer, Kosten bei 330 Millionen Franken

Dabei soll der Kanton insgesamt 130 Millionen Franken beitragen.

image

Nachhaltiger Neubau in Arlesheim: Fast alles aus Holz

Der Neubau der Klinik Arlesheim setzt auf nachhaltigen Holzbau. Mit modernster Architektur und ökologischen Materialien entsteht ein einzigartiges Gebäude, das Gesundheit und Umwelt vereint. Ein Projekt, das für die Zukunft der medizinischen Versorgung steht.

image

Spital Thusis: Zwischen Status Quo und Leistungsabbau

Soll das Spital Thusis in der heutigen Form erhalten bleiben – oder sich auf Kernbereiche beschränken? Dies die vorliegenden Szenarien. Ein Entscheid soll bis Mai 2025 fallen.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.