«Fusionieren wir unsere Universitätsspitäler», forderte Philippe Eggimann, Präsident der Waadtländer Ärztegesellschaft, vor knapp einem Jahr in ihrer Ärztezeitung. Seine kühne Vision: Die fusionierten Universitätsspitäler von Lausanne und Genf könnten zur renommierteste Gesundheitshochschule der Westschweiz werden und so Studenten und Forscher aus der ganzen Welt anlocken, so Philippe Eggimann.
Es gibt ausserdem ein weiteres, banaleres Argument für eine Fusion: Die beiden Universitätsspitäler HUG (Hôpitaux Universitaires de Genève) und CHUV (Centre Hospitalier Universitaire Vaudois) liegen beide am Genfersee und nur gerade einmal 70 Kilometer voneinander entfernt. Zwei separate solche Zentren seien unnötig, argumentieren die Befürworter der Fusionsidee. Die beiden Kantone sollen den «esprit de clocher», also das Kirchturmdenken, überwinden und ihre klinischen, akademischen und wissenschaftlichen Mittel vereinen.
Die Reaktionen auf den radikalen Vorschlag waren überwiegend positiv – zumindest bei der Bevölkerung und bei den Ärzten. «Ehemalige Professoren, die in den Dekanaten von Lausanne und Genf tätig waren, reagierten hingegen negativ», sagt Philippe Eggimann auf Anfrage von Medinside.
Fusionsidee beschäftigte Bevölkerung schon einmal
Derzeit wird der Vorschlag von Genfer und Waadtländer Parlamentarier-Delegationen diskutiert. Im Genfer Parlament hat der Plan einen direkt betroffenen Unterstützer: den Grossrat und HUG-Arzt Patrick Saudan (siehe Kasten unten).
Schon einmal beschäftigte die Fusionsidee die beiden Kantone Waadt und Genf. 1998 stimmte die Genfer Bevölkerung jedoch gegen ein «Réseau hospitalo-universitaire de Suisse occidentale», kurz Rhuso genannt.
Seither teilen sich die beiden Universitätsspitäler aber zumindest die Spitzenmedizin auf. Doch könnte das Potenzial der beiden Institutionen noch viel mehr ausgeschöpft werden, sind die Befürworter überzeugt. Insbesondere schwebt ihnen ein Zusammenschluss der Abteilungen für klinische Medizin vor.
Ein einziges Universitätsspital wäre gerechtfertigt
Für ein Hausarztausbildung genüge durchaus eine kleinere Ausbildungsstätte. Doch für biomedizinische Forschung brauche es ein grosses Einzugsgebiet. Nur so erreiche man ein ausreichendes Kollektiv von Kranken und könne mit anderen Instituten für Grundlagenforschung zusammenarbeiten.
Schon jetzt stehen die beiden Westschweizer Universitätsspitäler in der Gunst der Medizinstudenten weit oben. Das zeigt eine
Rangliste der Beratungsfirma Universum. Die befragten Medizinstudenten würden am liebsten am CHUV arbeiten. An vierter Stelle - nach den Unispitälern von Bern und Zürich - folgt das HUG.
Gemessen an der Bevölkerungszahl der Westschweiz wäre ein einziges Universitätsspital gerechtfertigt. Die Deutschschweiz hat nur drei Universitätskliniken für die dreifache Bevölkerungszahl. Die beiden Westschweizer Universitätsspitäler erhalten zusammen 1,5 Milliarden Franken Kantonssubventionen.
Die Stimmen der Befürworter und der Gegner
Ein vehementer Befürworter der Fusion ist der Genfer Professor und Chefarzt am HUG Patrick Saudan. Er ist auch Genfer Grossrat und will der Fusion der beiden Universitätsspitäler zum Durchbruch verhelfen.
Der Genfer Gesundheitsminister Mauro Poggia ist hingegen wenig begeistert: «Wenn man das HUG und das CHUV fusionieren will, riskiert man, die gute Zusammenarbeit zu verlieren, die wir seit Jahren kennen», sagte er gegenüber der Westschweizer Zeitung «Le Temps».
Jean-Pierre Wauters, ehemaliger Vize-Dekan an der medizinischen Fakultät der Universität Lausanne, übt harsche Kritik an den Fusionsplänen: Es gebe zu viele administrative Hürden, etwa bei der Finanzierung, den Löhnen oder der Pensionskasse. Ausserdem seien die unterschiedlichen Mentalitäten in den beiden Kantonen kaum kompatibel.