In Genf schlägt der Computer die Krebsbehandlung vor

Mittlerweile gibt es so viele verschiedene Krebsarten und -behandlungen, dass das Universitätsspital Genf (HUG) nun ein Computerprogramm nutzt, das den Ärzten die Recherche erleichtert.

, 11. September 2019 um 12:07
image
Heute sind mehr als 200 verschiedene Krebsarten bekannt und beinahe 120 Medikamente dagegen verfügbar. Das stellt die Onkologen vor Probleme: Wenn sie die Diagnose gestellt und die allfällig vorliegende Genmutation bestimmt haben, müssen sie die medizinische Literatur studieren, damit sie die wirksamste Behandlungsmethode auswählen können.
Doch es wird für die Spezialisten immer schwieriger, den Überblick über die vielen Publikationen zu behalten und den besten Behandlungsplan für jeden einzelnen Patienten zu erstellen.

Computer durchsucht innert Minuten drei Millionen Aufsätze

Das Universitätsspital Genf (HUG) ist laut einer Medienmitteilung nun das erste europäische Universitätsspital, das diese Arbeit vom Computer erledigen lässt. Watson for Genomics heisst das spezielle Suchprogramm von IBM Watson Health.
Das neue Programm nimmt den Ärzten und Ärztinnen zumindest einen Teil der Arbeit ab. Stellt der Onkologe einen Krebs fest, führen er eine Tumor-Genomsequenzierung durch. Der Pathologe betrachtet die Ergebnisse und bestimmt gewisse Genmutationen. Die entsprechenden Daten werden in einer Textdatei zusammengetragen, in der die Genmutationen beschrieben werden und aus der hervorgeht, an welchem Ort und in welcher Zahl diese auftreten.

Nach einigen Minuten ein ausführlicher Bericht über relevante Artikel

Mit dem neuen Programm lässt sich aufgrund dieser Informationen dann eine Datenbank mit etwa drei Millionen Publikationen durchforsten. Eine Viertelstunde später erhält der Onkologe die Ergebnisse der Literaturrecherche. Der Bericht enthält Verweise auf relevante Artikel und bietet neben den jeweiligen Zusammenfassungen auch direkte Links zu den entsprechenden Studien.
Bisher mussten Krebsärztinnen und -ärzte diese Arbeit selber machen – mit dem Risiko, dass sie eine mögliche Behandlungsmethode übersahen. Die Recherche übernimmt nun das Computerprogramm. Das ist allerdings nur ein Teil der Arbeit. Nach wie vor müssen die Onkologen die Literaturliste, die das Programm erstellt, genau prüfen und sich für eine Behandlungsart entscheiden.

HUG hofft auf mehr Patienten und mehr analysierte Gene

Etwa 250 Patienten mit unterschiedlichsten Krebsformen, profitierten bisher laut HUG  von der computergesteuerten Literaturanalyse. Das HUG rechnet damit, dass nächstes Jahr die Patientenzahl steigt und dass auch die Anzahl der analysierten Gene - heute sind es 400, künftig sollen es bis zu 1000 sein – zunehmen könnte.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

GZO Spital Wetzikon: Definitive Nachlassstundung bewilligt

Damit wird dem Spital Wetzikon die benötigte Zeit eingeräumt, um das Sanierungskonzept anzugehen.

image

Das MediData-Netz: Damit alle profitieren

Die Digitalisierung im Gesundheitssystem ist dringend und bringt Vorteile für Health Professionals und Patient:innen. Die Standardisierung des Forums Datenaustauschs ermöglicht eine sichere Vernetzung und effiziente Prozesse. Das MediData-Netz ermöglicht die schnelle Implementierung neuer Lösungen.

image

Gesundheitsfördernde Materialien gesucht?

Die Wahl passender Materialien ist bei Neu- und Umbauten eine grosse Herausforderung – auch im Gesundheitsbereich. Denn diese müssen unterschiedlichen und hohen Anforderungen gerecht werden. Nicht immer ist das jahrelang Eingesetzte die beste Wahl und neue Alternativen haben es schwer.

image

Spitäler Schaffhausen: Gesamterneuerung teurer, Kosten bei 330 Millionen Franken

Dabei soll der Kanton insgesamt 130 Millionen Franken beitragen.

image

Nachhaltiger Neubau in Arlesheim: Fast alles aus Holz

Der Neubau der Klinik Arlesheim setzt auf nachhaltigen Holzbau. Mit modernster Architektur und ökologischen Materialien entsteht ein einzigartiges Gebäude, das Gesundheit und Umwelt vereint. Ein Projekt, das für die Zukunft der medizinischen Versorgung steht.

image

Spital Thusis: Zwischen Status Quo und Leistungsabbau

Soll das Spital Thusis in der heutigen Form erhalten bleiben – oder sich auf Kernbereiche beschränken? Dies die vorliegenden Szenarien. Ein Entscheid soll bis Mai 2025 fallen.

Vom gleichen Autor

image

«Hausarzt ist kein Beruf, den man subventionieren muss»

Ein Arzt macht vor, wie eine Berggemeinde zu medizinischer Versorgung kommt. Und er kritisiert Kollegen, die einfach ihre Praxis schliessen.

image

Pflegefachleute verschreiben so sachkundig wie Ärzte

Das dürfte das Pflegepersonal freuen: Es stellt laut einer US-Studie genauso kompetent Arzneimittel-Rezepte aus wie Ärzte.

image

Temporär-Arbeit in der Pflege: Ein Angebot mit Haken

Es gibt gute Gründe für Pflegefachleute, sich nur noch temporär anstellen zu lassen. Aber es gibt auch ein paar gute Argumente dagegen.