«Die Covid-19-Pandemie könnte sich als der grosse Beschleuniger der Impfstofftechnologie erweisen, ähnlich wie die Atomkraft nach dem Zweiten Weltkrieg», wird Christopher Green, Berater für Infektionskrankheiten am Universitätskrankenhaus Birmingham, Grossbritannien, in
«Chemistry World» zitiert. Wie das britische Onlineportal schreibt, gebe der Erfolg von Impfstoffen auf Basis von Boten-RNA (mRNA) Hinweise darauf, dass diese Impfstofftechnologie vor Infektionskrankheiten wie Malaria, Tollwut und Influenza schützen könnte.
Nicht viele Impfstoffe seien heute in der Klinik so wirksam wie dieser: Die meisten Grippeimpfstoffe würden kaum eine Wirksamkeit von 50 Prozent erreichen. «Einen Schutz von über 90 Prozent, auch bei älteren Menschen, zu gewährleisten, war eine enormer Erfolgt», lobt Christopher Green die Vakzine und deren Hersteller.
«Dieses mRNA-Produkt als Impfstoff zu bezeichnen, ist wie einem Auto einen Namen zu geben, das man noch nie fahren gesehen hat.»
Eine Leistung, die ebenso viele Unsicherheiten mit sich brachte und immer noch bringt. Tatsache sei, so das Portal, dass mit mRNA eine Technologie verwendet wurde, die in der Klinik noch keiner Krankheit zugeordnet worden war. Adrian Hill, Direktor des britischen Jenner Institute an der Universität Oxford, und Mitglied der Gruppe, die den Oxford-AstraZeneca Covid-Impfstoff entwickelt hat, sagte vor der Zulassung des Impfstoffes: «Dieses mRNA-Produkt als Impfstoff zu bezeichnen, ist wie einem Auto einen Namen zu geben, das man noch nie fahren gesehen hat.»
Die heutigen Impfstoffentwickler verdanken einen Grossteil ihres Erfolgs der Grundlagenforschung der Gruppen von Drew Weissman und Katalin Kariko an der University of Pennsylvania in den USA. Am 9. September wurden Weismann und Kariko als gemeinsame Gewinner eines der Breakthrough Prizes 2021 mit drei Millionen US-Dollar ausgezeichnet.
mRNA bei Malaria: das Problem
Die Weissman-Gruppe untersuchte eine mRNA, die ein Protein kodiert, das auf dem Fell des Malariaparasiten im invasiven Stadium exprimiert wird. Sie kapselten eine stabile Form in einem Nanopartikel ein, ähnlich denen, die in den Covid-Impfstoffen verwendet wurden, und zeigten auf, dass es bei Mäusen eine Immunantwort hervorruft, die stark genug ist, um in Studien am Menschen als «überzeugender Kandidat für weitere Untersuchungen» bezeichnet zu werden.
Die Problematik: Seit vielen Jahrzehnten werden Impfkampagnen von Kühlkettenproblemen geplagt. Die WHO schätzt, dass etwa 25 Prozent aller flüssigen Impfstoffe aufgrund unterbrochener Kühlketten nicht verwendet werden können. Der Vorschlag, in Südafrika ein Technologietransferzentrum für eine mRNA-Plattform mit lokalen Unternehmen als Partnern einzurichten, stiess auf taube Ohren. Weder Pfizer noch Moderna zeigten Interesse daran, ihre Technologie zu teilen.
Starke Immunantwort bei Tollwut
Vielversprechend sollen die Erprobungen eines Tollwutimpfstoffs auf Basis einer neuartigen RNActive-Plattform sein. Dazu veröffentlichte CureVac, ein deutsches biopharmazeutisches Unternehmen, kürzlich die ersten Ergebnisse einer Studie an menschlichen Probanden. Diese zeigten, dass der Impfstoff sicher ist und eine starke Immunantwort hervorruft.
Nun glaubt Juliana Haggerty, Grand Challenge Lead am neuen CPI-Kompetenzzentrum für RNA-Technologie in Darlington, Grossbritannien, dass die nächste Krankheit, die von der mRNA-Impfstofftechnologie angegriffen wird, eine viel bekanntere sein wird: Influenza.
Das britische Onlineportal Royal Society of Chemistry ist ein Berufsverband, der die Förderung der chemischen Wissenschaften zum Ziel hat.
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