Die Corona-Pandemie und die Lockdown-Massnahmen haben offenbar den Anteil der Frühgeburten kräftig beeinflusst – und zwar günstig. Dies besagt eine Studie, die ein Team der Justus-Liebig-Universität Giessen und des Universitätsklinikums Ulm mit den Perinatalzentren in Hessen erarbeitete.
Danach sanken mit Beginn der Lockdowns in Deutschland die Frühgeburten-Zahlen immer weiter ab.
Basis der Untersuchung bildeten alle 184’800 Geburten, die im Bundesland Hessen von 2017 bis 2020 erfasst wurden. Dabei sanken die Frühgeburten (vor der 32. Schwangerschaftswoche) jeweils während der beiden Lockdown-Phasen, welche Deutschland 2020 durchmachte.
Insbesondere die Frühgeburtenrate bei Risikoschwangerschaften – etwa bei Müttern mit schweren Erkrankungen oder pathologischen CTG-Befunden – ging signifikant zurück. Aber auch die Anzahl der Frühgeburten wegen intrauteriner Infektionen war rückläufig.
Konkret:
- Das Risiko von sehr frühen Geburten war um 13 Prozent tiefer als in der Zeit vor Covid (Odd Ratio 0.87).
- Am ausgeprägtesten war dabei der Effekt während des zweiten Lockdowns im Oktober und November 2020: Hier war das statistische Risiko sogar um 31 Prozent tiefer als zu «Normalzeiten» (Odd Ratio 0.69).
- Das Risiko von sehr frühen Geburten bei Müttern mit einer schweren Krankheit war – über die gesamte beobachtete Pandemie-Phase – um 36 Prozent tiefer als davor (OR von 0.64).
Woran lag es? Die Forscher sehen vor allem einen Zusammenhang mit den verstärkten Hygienemassnahmen in jener Zeit. Die Daten aus Hessen besagten zugleich auch, dass sich die Qualität der Versorgung von Schwangeren bis zur Geburt in jener Phase nicht verschlechterte: Der damalige Fokus auf die Covid-Fälle hatte keine greifbaren negativen Auswirkungen für Schwangere. Anders als bei anderen Erkrankungen und in der Notfallversorgung wurden die Vorsorgeangebote und Geburtszentren nicht später aufgesucht.
«Ganzheitlicher Ansatz»
Strikte Hygieneregeln, so eine naheliegende Vermutung, haben eine starke Wirkung, um Frühgeburten zu vermeiden. Dies deutet gerade auch der Rückgang bei den Frühgeburten wegen Infektionen an.
Die Ergebnisse zeigen «die Bedeutung von Programmen, die darauf abzielen, diese Risiken gezielt zu minimieren, um langfristig die Frühgeburtenrate zu senken»,
sagt Anita Windhorst vom Institut für Medizinische Informatik in Giessen. Und der Ulmer Neonatologe Harald Ehrhardt fügt an: «Die Phase der Pandemie hat gezeigt, dass ein ganzheitlicher Ansatz in der Betreuung von Schwangeren – einschliessich des Schutzes vor Infektionen – vielversprechend sein kann.»
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