Die aktuelle Spitalstruktur in der Schweiz sei «starr», finden die Profis der Beraterfirma Pwc. Die Versorgungsstruktur, die von einem starken «Silodenken» zeuge, müsse deshalb «zukunftsfähig» gestaltet werden. In einer neuen Studie zeigen die Spezialisten auch gleich, wie sie sich das vorstellen.
Im Vordergrund stehen rund 20 regionenübergreifende und «integrierte Gesundheitsnetzwerke». Sie schlagen ein Modell vor, das sie «Hub-and-Spoke» («Nabe und Speiche») nennen, mit Anknüpfungspunkten für andere Leistungen sowie verschiedenen Kooperationsformen.
Zentrumsspitäler als «Hub»
Im Zentrum (Hub) sollen medizinisch komplexe oder infrastruktur-intensive Leistungen angeboten werden. Dieser Bereich betrifft grosse öffentliche und private Zentrumsspitäler. Die verschiedenen dezentralen Spokes stellen neben dem Hub die Grundversorgung sicher. Patienten werden laut der Pwc-Analyse in enger Abstimmung mit dem Hub zwischen diesem und den Spokes verschoben werden.
Mögliche «idealtypische Spike-Modelle» - je nach Bedürfnisse der Patienten und dem Bedarf der Region:
- Ambulante Gesundheitszentren: Einzugsgebiet ca. 25'000 Einwohner (8 bis 10 Ärzte, 14 bis 18 weiteres medizinisches Personal, 5 bis 7 Untersuchungszimmer)
- Gesundheits- und Operationszentren: mind. 100'000 Einwohner (20 bis 30 Ärzte, 65 bis 75 weiteres medizinisches Personal, 8 bis 12 Untersuchungszimmer, 2 Operationssäle, 0 bis 5 stationäre Betten)
- Regionale Gesundheitscampus: rund 40'000 bis 50'000 Einwohner (40 bis 50 Ärzte, 150 bis 200 weiteres medizinisches Personal, 20 bis 25 Untersuchungszimmer, 3 Operationssäle, 25 bis 35 stationäre Betten, IMC)
- Integrierte Grundversorger: 70'000 bis 100'000 Einwohner (150 bis 200 Ärzte, 500 bis 600 weiteres medizinisches Personal, 60 bis 70 Untersuchungszimmer, 5 Operationssäle, 150 bis 200 stationäre Betten, IMC, Intensivstation)
Das Modell ist nicht ganz neu: Der Hub-and-Spoke-Ansatz haben die Berater bereits in ihrer jährlichen Finanzstudie 2017 eingeführt. In der aktuellen Studie konkretisieren die Autoren nun die Idee.
«Langfristiges Generationen-Projekt»
So haben die Pwc-Profis 158 der insgesamt 281 Spitäler ihrem Schema zugeteilt. Sie betonen aber, dass die Auswertung «grob und stark generalisiert» sei. Dennoch erlaube die Zuteilung Vergleiche und Interpretationen. Und generell sei es ein «Generationenprojekt mit einem langfristigen Zeithorizont».
Screenshot «Zukunft der Versorgungslandschaft Schweiz» (Pwc)
Gleichzeitig liefern die Studienautoren Empfehlungen zur Umsetzung sowie Erfolgs- und Simulationsrechnungen.
Screenshot «Zukunft der Versorgungslandschaft Schweiz» (Pwc)
Rund 2500 weniger Spital-Betten
Die Studie kommt zu beeindruckenden Ergebnissen. Zum Beispiel, dass durch die Reduktion von stationären Betten in den Spokes 1 bis 3 rund 2’560 reduziert werden könnten, ohne Patienten nicht mehr behandeln zu können. Das sind 11 Prozent. Auch bei den OP-Sälen ergäbe sich eine Reduktion um knapp 90 Einheiten oder 10 Prozent.
Ausserdem werden 10 bis 20 Prozent der Notfall- und Intensivstationen in grösseren Standorten integriert, wie in der Studie weiter zu lesen steht. Dazu werden auch weniger Investitionen in die Spitäler notwendig. Pwc schätzt diese Grössenordnung alleine für die Akutbetten auf rund 2,6 und 3,1 Milliarden Franken.
Und bis zu 6300 Stellen weniger
Ferner liessen sich rund 9'500 Vollzeitstellen oder 7 Prozent der heutigen Belegschaft für andere Tätigkeiten oder in anderen Bereichen im Gesundheitssektor einsetzen. Realistischer sei aber, dass die Spokes 4 und Hubs ihre Mitarbeiterschaft für die Behandlung der zusätzlichen Fälle um 30 Prozent bis 50 Prozent erhöhen müssten.
Die Berater erwarten darüber hinaus, dass die Synergien mit ihren Modellen den Fachkräftemangel alleine in der Akutsomatik um 4’750 bis 6’300 Vollzeitstellen entschärfen können. Dies entspreche einer Steigerung der Wirtschaftlichkeit des Gesundheitssystems beziehungsweise Effizienzgewinne um jährlich bis zu 730 Millionen Franken.
Die Erstellung der Studie «Zukunft der Versorgungslandschaft Schweiz» wurde von den Verbänden Privatkliniken Schweiz und Zürcher Krankenhäuser finanziell unterstützt.