Bisher war Spermidin vor allem als Nahrungsergänzungsmittel bekannt. Der Wirkstoff regt den Stoffwechsel an, stärkt das Immunsystem, hat eine lebensverlängernde Wirkung und wirkt dem geistigen Abbau des Gehirns entgegen, wie österreichische Forscher 2000 herausfanden. Spermidin ist unter anderem im männlichen Samen (daher der Name) und in zahlreichen Lebensmitteln erhalten (siehe Box unten).
Nun hat ein Forscher-Team rund um Professor Christian Drosten von der Berliner Charité eine interessante
Studie vorgestellt. Darin wird einen möglichen Angriffspunkt für die Bekämpfung von Sars-CoV-2, dem Coronavirus präsentiert.
Autophagie in infizierten Zellen im Fokus
Die Wissenschaftler haben herausgefunden, dass eine Infektion mit Sars-CoV-2 in menschlichen Lungenzellen die Autophagie, die ein wichtiger Selbstreinigungsprozess unseres Zellstoffwechsels ist, blockiert. Was man bereits von der Autophagie wusste: Als zelluläre Abfallentsorgung beseitigt sie nicht nur beschädigte Zellbestandteile, sondern auch Krankheitserreger wie zum Beispiel das Mers-Coronavirus.
Virusvermehrung um 85 Prozent gehemmt
Die aktuelle Charité-Studie besagt, dass eine Infektion mit Sars-CoV-2 die Menge der zelleigenen Spermidien verringert. Weil Spermidin alte oder schadhafte Zellbestandteile verwertet und abbaut, sei die Idee der Forscher nahe gelegen, dass man durch die Gabe von Spermidin möglicherweise die Covid-Infektion in den Zellen beeinflussen könnte.
Die Vermehrung des neuen Coronavirus konnte in den infizierten Zellen durch Verabreichung von Spermidin effektiv gehemmt werden. Konkret: Als die Forscher Spermidin zu den infizierten Zellenkulturen gaben, wurde die Virusvermehrung um rund 85 Prozent gesenkt.
Spermidin als Therapie?
Damit nicht genug: Auch eine Vorbehandlung gesunder Zellen mit Spermidin konnte im Zellkulturexperiment eine nachfolgende Infektion mit Covid um 70 Prozent vermindern. Die Forscher hoffen jetzt, dass der Wirkstoff einen neuen Angriffspunkt für die Bekämpfung und sogar eine Prophylaxe des Coronavirus darstellt.
Aber: Ob und wie sich diese Erkenntnisse aus der Zellkulturstudie auf eine therapeutische und prophylaktische Anwendung beim Menschen übertragen lassen, ist laut der Studie noch unklar. Für die weitere Erforschung von Spermidin bei der Bekämpfung der Pandemie sind deshalb weitere wissenschaftliche Untersuchungen erforderlich.
In diesen Lebensmitteln ist Spermidin enthalten
- Weizenkeime: 24 mg (Quelle 16)
- Cheddar, 1 Jahr gereift: 19,9 mg (Frisch- oder Weichkäse enthalten fast kein Spermidin)
- Pilze (Shiitake): 8,9 mg
- Grüne Erbsen: 6,5 mg
- Blumenkohl roh: 3 mg
- Blumenkohl gekocht: 2,6 mg
- Brokkoli roh: 3,7 mg
- Brokkoli gekocht: 2,7 mg
- Dill: 2,9 mg
- Obst im Allgemeinen: 0,2 – 1 mg (Ausnahme: Mango mit 3 mg und Birnen mit 5,2 mg)
- Avocado: 1 mg
- Gekochte und fermentierte Sojabohnen (Natto): 4,5 mg
- Sojamilch: 1,6 mg
- Kuhmilch und -joghurt: nur Spuren
- Kartoffeln gekocht: 1,2 - 1,7 mg
- Kartoffelchips: 2,5 mg
- Vollkorn: 1,8 – 2,4 mg
- Weisser Reis: 0,39 mg
- Naturreis: 0,64 mg
- Reiskleie: 5,1 mg
- Haselnüsse: 2,1 mg
- Erdnüsse: 1,6 mg
- Senf: 3,4 mg
- Fleisch/Fisch: meist 0,5 mg oder weniger (Ausnahme: Wild mit 1,5 mg und Sardine mit 1,1 mg)
Weiter Infos finden Sie
hier.