Auch in der Schweiz schälen sich langsam zwei Arten des Vergleichs von Spitälern heraus – beziehungsweise von medizinischer Qualität im Allgemeinen. Da sind zum einen die periodisch erarbeiteten Erhebungen durch übergeordnete Institutionen wie ANQ und BAG, insbesondere zu Fallzahlen und Mortalität, aber auch zur Patientenzufriedenheit.
Und da sind andererseits mehr und mehr Angebote, wo die Patienten mit Sternchen-Benotungen und persönlichen Kommentaren ihre Erfahrungen öffentlich bekunden können.
Praktisch gleich oberflächlich?
Verbreitet ist dabei wohl der Eindruck, dass erstere seriös, aber mühsam sind, während die anderen Sites – man darf sie wohl die kommerziellen nennen – zwar praktisch daherkommen, aber oberflächlich sein dürften.
Nur: Stimmt das auch? Man könnte wohl schon aufgrund einiger Zufalls-Vergleiche ahnen, dass die Sache nicht so einfach ist.
Jetzt kommt eine Untersuchung aus Amerika genau zu diesem Schluss. Dies nachdem eine Gruppe von Wissenschaftlern dreier US-Universitäten in einem aufwändigen Verfahren die offiziellen Qualitätsurteile über Spitäler mit einem Allerwelts-Internetranking verglichen hat.
Ihr Resultat: Die Sternchen sind wahrscheinlich sogar besser – günstiger sind sie ja sowieso.
Benjamin L. Ranard, Rachel M. Werner, Tadas Antanavicius et al.: «Yelp Reviews Of Hospital Care Can Supplement And Inform Traditional Surveys Of The Patient Experience Of Care», in: «Health Affairs», April 2016.
Konkret nahm sich ein Team von Ärzten und Statistikern aus Philadelphia und New York gut 17'000 Beurteilungen auf
«Yelp» vor; dies ist ein Bewertungsportal, das in der Schweiz zwar noch nicht besonders bekannt ist (da nicht sehr aktiv) – aber global gesehen ein Riese mit über 140 Millionen Besuchern pro Monat. Die Nutzer der Seite
ranken und benoten nicht nur Hotels, Restaurants oder Shops, sondern Yelp erfasst mittlerweile auch über 25'000 Spitäler und Kliniken (darunter einige in der Schweiz –
mehr dazu hier).
Die nun betrachteten 17'000 Urteile betrafen insgesamt 1'350 Spitäler. In einer nächsten Stufe verglichen
Ranard et al diese Noten mit den Einschätzungen, welche dieselben 1'350 Häuser im Rahmen des staatlichen Qualitäts-Systems
HCAHPS erhalten hatten.
Ab 3 Nutzer-Einträgen war Yelp dabei
Das HCAHPS-System muss hier im Detail nicht interessieren – aber insgesamt ähnelt es in mancherlei Hinsicht den
ANQ-Bewertungen, welche periodisch in der Schweiz zur Patientenzufriedenheit veröffentlicht werden. Denn auch dort werden austretende Patienten mit einem Fragebogen befragt, beispielsweise nach der Kommunikation des Pflegepersonals oder der Ärzte – aber auch danach, ob sie dieses Spital denn wieder empfehlen würden.
Das Ergebnis: Sobald ein Spital mehr als drei Einträge auf Yelp hatte, entsprachen die Benotungen fast vollständig jenen des aufwändigeren und formelleren HCAHPS-Ratings.
Wer sonst fragt nach den Familienmitgliedern?
Kommt hinzu, dass die Yelp-Erhebungen zwölf weitere Kategorien festmachten, was an sich schon eine breitere Auswahl bietet. Vor allem aber: Die Statistiker aus Philadelphia stellten fest, dass eine hohe Korrelation besteht zwischen diesen – von offizieller Seite niemals erfragten – Aspekten und der allgemeinen Zufriedenheit der Patienten mit einem Spital.
Beispiele solcher Kategorien waren die Betreuung der Familienmitglieder, ergänzende Untersuchungen oder die Art der Rechnungstellung. Grob gesagt: Wer hier bessere Noten gab, war insgesamt zufriedener – also auch bei den vermeintlich entscheidenderen Punkten.
«Umsetzbares Feedback» fürs Spitalmanagement
Kurz: Das Sternchensystem dürfte den Spitalmanagern am Ende ebenso solide Informationen liefern wie das mit Millionenkosten betriebene staatliche Qualitätsüberwachungs-System.
Oder in der Sprache der Studie: «Die grosse Ansammlung von Erfahrungen aus Patienten- und Bezugspersonen-Sicht, die sich auf Yelp finden, können mit Spracherkennungsmethoden analysiert werden und den Entscheidern helfen, jene Massnahmen zu erkennen, welche für die Spitalqualität am wichtigsten wären. Die Yelp-Massstäbe und –Analysen liefern ebenfalls umsetzbares Feedback für die Krankenhäuser.»
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