Wie sollte ein Spital-Verwaltungsrat zusammengesetzt sein? Und welche Rolle spielen die Ärzte dabei? Die Turbulenzen beim Kantonsspital St. Gallen – respektive beim Spitalkonzern Hoch Health Ostschweiz – verleiteten das
«Tagblatt» in St. Gallen dazu, dieser Frage nachzugehen. Denn in der Ostschweiz steht der Spital-Verwaltungsrat speziell in der Kritik, zumal wegen des abrupten Abgangs von CEO Stefan Lichtensteiger und wegen des letztjährigen Personalabbaus. Beides wurde in der Region stark als Kommunikations- und Führungs-Problem
der Spitalspitze empfunden.
Der Beitrag des «Tagblatt» zitiert in der erwähnten Frage einen Kronzeugen aus dem Nachbarskanton: Urs Martin, Gesundheits- und Finanzdirektor des Thurgau. Denn die Spital Thurgau AG respektive der kantonale Gesundheitskonzern Thurmed fällt national auf: Er liefert mitten in der nationalen Spitalkrise solide Zahlen.
Was also macht einen guten Spital-Verwaltungsrat aus, Urs Martin? Der SVP-Regierungsrat nennt zuerst Allgemeines («fähige Personen mit möglichst unterschiedlichen Kompetenzen»), stellt dann aber zwei ganz konkrete Forderungen in den Raum:
- Erstens: «Der Kanton sollte auf keinen Fall im VR vertreten sein».
- Zweitens: «Es darf kein Arzt aus dem Unternehmen im VR sein.»
Die erste Forderung bezweckt, dass die Politik möglichst aus dem Spitalbetrieb herausgehalten wird. Danach legt die Trägerschaft die Eigentümerstrategie fest – dann aber soll der Verwaltungsrat unternehmerisch führen und dafür sorgen, dass die Ziele der Eigentümerstrategie erreicht werden – insbesondere auch das Renditeziel.
Wegen der drohenden Interessenskonflikte soll auch kein haus-eigener Arzt ins Aufsichtsgremium, so Martin gegenüber dem «Tagblatt». Und so sitzt im siebenköpfigen Verwaltungsrat der Spital Thurgau AG zwar viel medizinische Kompetenz – ein ehemaliger Chefarzt eines Universitätsspitals (Urs Brügger), ein einheimischer Hausarzt (Bruno Haug) sowie eine Physiotherapeutin mit langjähriger Spitalführungserfahrung (Daniela de la Cruz). Aber diese Kompetenz kommt von aussen.
Die Lösung der Unispitäler
Tatsächlich finden sich Martins Prinzipien in den drei Unispitälern der Deutschschweiz erfüllt (wobei in der Berner Insel Gruppe mit dem ehemaligen Regierungsrat Bernhard Pulver ein sehr regierungsnaher Vertreter an der Spitze steht).
Die französischsprachigen Unispitäler jedoch sind sehr direkt in die Politik eingebunden: Beim CHUV gibt es gar nicht erst einen Verwaltungsrat, sondern der CEO des Waadtländer Unispitals untersteht direkt dem kantonalen Gesundheitsdepartement. Und bei der Genfer Unispital-Gruppe HUG entsenden sowohl Kantonsregierung als auch Parlament eigene Vertreter in den Verwaltungsrat. Die überdurchschnittlich schwierige Finanzlage dieser beiden Häuser steht zumindest nicht in Widerspruch zur Forderung aus dem Thurgau…
Im «Tagblatt» kommentiert auch der Gesundheitsökonom Heinz Locher die Rolle der Mediziner in Spital-Verwaltungsräten. Eine Klinik sei eine «ärztlich-pflegerisch-therapeutische Veranstaltung», so der Experte. Folglich brauche es «unbedingt Mediziner im VR eines Spitalunternehmens.» Da sei Erfahrung auf Stufe Klinikdirektion oder Departementsleitung eines universitären Spitalsystems gefragt.
- Zum Thema: Wie hält man ein Spital finanziell gesund? Spitäler in der Schweiz werden zunehmend zu Patienten. Weil sie rote Zahlen schreiben. Dass es anders geht, zeigen die Spitäler im Thurgau. — Radiobeitrag SRF «Trend», 10. Januar 2025.