Seit Jahr und Tag klagen fast alle Parteien des Gesundheitswesens über die administrative Belastung des medizinischen Personals – ob im Praxisbereich, in den Rehakliniken oder in den Akutspitälern.
Und seit Jahr und Tag, so der Eindruck, geschieht nichts.
Das dürfte stark daran liegen, dass das Problem nicht so einfach und summarisch greifbar ist: Denn es steckt in vielen Details.
Und hinzu kommt, dass die Bürokratie bekanntlich von selber stetig wuchert.
Doch um solche ärgerliche, überflüssige Details zu eruieren, startete der Verband VSAO im Spätsommer 2023 eine Umfrage. Rund siebenhundert Antworten trafen ein und konnten ausgewertet werden. Die grössten Gruppen waren dabei die Assistenzärzte und Assistenzärztinnen (rund 50 Prozent der Antwortenden), die Oberärzte (25 Prozent) sowie die Leitenden und die selbstständigen Ärzte und Ärztinnen (je circa 8 Prozent).
Die Liste des VSAO begann (wie die Autoren selber einräumen) mit dem «Running Gag» – nämlich der Frage nach dem Faxgerät. Und siehe da: 18 Prozent sagten aus, dass sie regelmässig ein Faxgerät benutzen müssen; häufig geschieht dies für die Weiterleitung von Zuweisungen und für die Übermittlung von Rezepten.
Aber entscheidendere Probleme liegen eher bei nicht so effizienten Klinikinformations-Systemen sowie bei fehlender Kompatibilität – ob intern oder extern.
Zwei Drittel der Befragten melden, dass sie in ihrem Spital Systeme haben, die nicht miteinander (respektive zwischen den einzelnen Kliniken) kompatibel sind. Dies wiederum führt beispielsweise dazu, dass die Daten in verschiedenen Programmen auftauchen; und/oder dass sich dadurch eine Holschuld ergibt; und/oder dass dadurch Mehrfacherfassungen nötig werden.
«Neonatologie/IPS und Normalstation haben ein anderes System», so ein Beispiel: «Berichte sind zwar im gleichen System, aber Einsicht in die Kurve habe ich nicht und Verordnungen müssen von Grund auf neu gemacht werden.»
Immer wieder neu erfassen
Weiter meldet fast die Hälfte der Befragten (47 Prozent), dass in ihrem Spital die Medikamente von der Ärzteschaft und von der Pflege mehrfach erfasst werden müssen. «Vorbestehende Medikation muss einzeln ins KIS übertragen werden, da Zuweisungsschreiben nicht kompatibel mit Kliniksoftware sind», so eine Antwort: «Sie werden von Hand als Bild gescannt und nur mit inhomogener Dateibenennnung abgespeichert. Das erschwert das Auffinden der Dateien und ermöglicht keine Kopierfunktion des Textes.»
Oder: «Bei erneutem Spitalaufenthalt müssen Medikamente, welcher der Patient regelmässig (zuhause) einnimmt, jedes Mal neu erfasst werden. Dies bedeutet einen grossen Zeitaufwand.»
Ein Dauerthema sind bekanntlich auch die Kontroll-Anforderungen der Krankenkassen. In der neuen VSAO-Erhebung gab ein Viertel der Befragten an, dass sie 2 bis 4 Stunden pro Woche für Krankenkassen-Rückfragen aufwenden müssen. Bei einer Zweidrittelsmehrheit sind es weniger als 2 Stunden – während 7 Prozent sogar aussagen, dass es mehr als 4 Stunden sind.
Im Durchschnitt erachten die befragten Ärzte knapp drei Viertel der Krankenkassen-Rückfragen als nicht gerechtfertigt. Oder genauer: Im Schnitt werden 27 Prozent als berechtigt empfunden.
Grafik: VSAO — aus der erwähnten Umfrage
Die Beispiele des Berichts deuten teilweise an, dass die Digitalisierung auch auf Krankenkassen-Seite noch nicht allzu weit gediehen ist: «Berichte und Rückfragen der Krankenkassen werden immer noch viel zu häufig in Papierform gesendet anstelle eines bearbeitbaren PDF.»
Öfters scheint es aber auch einfach eher um Fragen des Prinzips als der Effizienz zu gehen: «Statin- oder Eisentherapien, ob sie wirklich indiziert sind. Lächerlich. Ich werde nie gefragt, ob die zahlreichen teuren MRIs wirklich nötig sind», so ein Beispiel.
Oder: «Bei den Operationskriterien ‚ambulant vor stationär‘ gibt es einige Krankenkassen, welche den stationären Fall bei der ersten Anfrage stets ablehnen und erst nach mehreren Gesuchen schliesslich die klar definierten Kriterien für eine stationäre Behandlung akzeptieren.»