Die «Weltwoche» fährt Karrer an den Karren

Für Chefarzt Urs Karrer vom Kantonsspital Winterthur gibt es Hinweise, dass die Übersterblichkeit aufs Coronavirus zurückzuführen ist. Für die «Weltwoche» ist das «Glaskugel-Medizin».

, 11. November 2022 um 10:17
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Urs Karrer ist Chefarzt Medizinische Poliklinik und Infektiologie am Kantonsspital Winterthur (KSW). | Bild: Screenshot SRF
Die «Weltwoche» schreibt, für Urs Karrer, Chefarzt Medizinische Poliklinik und Infektiologie am Kantonsspital Winterthur (KSW), «ist klar, dass die hohe Übersterblichkeit an Corona liegt». Das habe er in den letzten Tagen dem «Tagesanzeiger» offenbart.
Doch liest man das Interview, das am Mittwoch in den Tamedia-Blättern veröffentlicht wurde, so sagt Urs Karrer nichts darüber, dass für ihn in dieser Frage Klarheit herrscht. Er sagt lediglich: «Es gibt verschiedene Hinweise, dass die anhaltende Übersterblichkeit in der Schweiz einen direkten Zusammenhang mit der weiterhin hohen Coronavirus-Zirkulation hat.»
Karrer stützt sich auf epidemiologische Erkenntnisse, wonach zwischen Wellen von starker Virusaktivität, gefolgt von Wellen der Übersterblichkeit bei den über 65-Jährigen ein Zusammenhang besteht. Nach seiner Einschätzung kann die Sommerhitze nicht der alleinige Grund für Übersterblichkeit sein. Wahrscheinlicher sei, dass die gleichzeitige Virus- und Hitzewelle ältere Menschen stark belastet und damit wohl die Übersterblichkeit noch verstärkt habe.

«Glaskugel-Medizin»

Für die Weltwoche sind das «Horrorgeschichten». Karrers Hinweis betreffend des zeitlichen Zusammenhangs bezeichnet sie als «Glaskugel-Medizin». Genau so gut könnte man sagen, dass die 224 Personen, die nach einer Corona-Impfung zeitnah verstarben, ein starker Hinweis seien, dass die Impfstoffe nicht ungefährlich seien.
Stellt sich die Frage, weshalb die Übersterblichkeit in der Statistik der Covid-Toten nicht abgebildet wird. «Wenn wir davon ausgehen, dass Covid eine Hauptursache für die Übersterblichkeit ist, sehe ich vorwiegend zwei Gründe, weshalb die Daten dies nicht mehr erfassen», sagt Urs Karrer.
Erstens habe das Testvolumen in der Schweiz stark abgenommen, so dass viele Infektionen nicht registriert wurden. «Zweitens geht diesen unerkannten Todesfällen keine schwere Covidbedingte Lungenentzündung voraus, sodass auch im Einzelfall kein Corona-Test gemacht wird. So können wir nicht erkennen, ob einem Todesfall allenfalls eine Covid-Erkrankung vorausgegangen ist.»

Massnahmen-Hardliner

Urs Karrer war Vizepräsident der wissenschaftlichen Task Force und laut «Weltwoche» ein Massnahmen-Hardliner. Sie erinnert daran, dass der Infektiologe im Dezember 2021 davor warnte, dass die 2G-Regel bei den Corona-Zertifikate, mit der Ungeimpfte vom öffentlichen Leben ausgeschlossen wurden, nicht genüge, um das Virus einzudämmen.
«Wäre es nach ihm gegangen hätte der Bundesrat dem Lande einen weiteren Lockdown verordnen müssen», schreibt das Wochenblatt. Dabei sei schon die 2G-Regel eine völlig unnötige Massnahme gewesen, weil die Impfung wie man heute wisse nicht vor Ansteckung und Weiterverbreitung des Virus schützte.


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