Ehemaliger Zürcher Herzchirurg rechnet mit dem USZ ab

Das Zürcher Unispital wirbt mit Slapstick-Videos für neue Mitarbeitende. Der ehemaliger Whistleblower André Plass findet das gar nicht witzig.

, 9. August 2023 um 07:37
image
Das Slapstick-Video soll junge Mitarbeitende ans Zürcher Unispital locken. | Instagram
Die Angestellten werfen sich Spritzen zu, ein Spitalbett überrollt fast eine alte Dame am Rollator: Ein solches Spass-Video des Universitätsspitals Zürich (USZ) soll auf Instagram um junge Mitarbeitende werben.

«Zwangs-Witzeln ist inakzeptabel»

Witzig? Darüber dürften die Meinungen geteilt sein. Einer findet solches «Zwangs-Witzeln» aber definitiv «inakzeptabel». Der ehemalige USZ-Herzchirurg André Plass. Bereits vergangenen September kritisierte er auf dem Internet-Portal Inside-Paradeplatz ein Rollstuhl-Video des USZ.
Der Spot auf Tik-Tok und Linked-In zeigte einen Mann im Spitalgewand, wie er hilflos im Rollstuhl in die Stadt hinunterrollte und dann im Zürichsee landete. Ein USZ-Arzt rettet nach einer todesmutigen Verfolgungsfahrt den Mann vor dem Ertrinken.

Versuch, Ruf aufzupolieren?

Schon damals kritisierte Plass: «Das USZ, ein Spital, das in den letzten Jahren drei Klinikdirektoren in die Wüste schicken musste, weil es bei diesen unfassbare Vorkommnisse gegeben hatte, versucht mit einem Jux-Video auf sozialen Medien seinen Ruf aufzupolieren.»
Das neuste Video auf Instagram nimmt André Plass nun zum Anlass, erneut auf «Inside-Paradeplatz» mit dem Spital abzurechnen.

Das eigentliche Thema: Maisano

Er findet es unangemessen, das Arbeiten im Spital als Spassveranstaltung zu inszenieren. «Patienten erwarten seriöses Arbeiten und nicht Spässe auf ihre Kosten – alles andere erhöht die Patientengefährdung», schreibt er.
Und kommt dann zum eigentlichen Thema: «Noch gravierender ist das Frisieren oder Beschönigen von Dokumenten und Daten. Und auch da weist das grosse, stolze USZ den falschen Weg.»

Angriff auf USZ-Chefs

Er schreibt über seinen damaligen Chef, Francesco Maisano: «Er setzte Implantate ein, an deren Erfolg er im grossen Stil beteiligt war, die aber Patienten mutmasslich in Gefahr brachten.»
Und kritisiert im Artikel die USZ-Chefs: «Statt Klartext zu reden, überschütteten sie Maisano mit Lob, als dieser nach Offenlegung eines Berichts im Zuge von meinem Whistleblowing das Spital verliess.»

USZ-Ruf «nachhaltig geschädigt»

Dann folgt die verbitterte Abrechnung: «Man wähnte sich im falschen Film: Frisierte Dokumentationen wurden als Kavaliersdelikt zur Seite gewischt, selbst wenn auch da Patientengefährdung nicht auszuschliessen war.»
Der Fall Maisano hatte grosse Wellen geworfen. Plass ortet die Nachwirkungen: Wissenschaftliche Arbeiten müssten nun korrigiert werden. Der Ruf des USZ sei «nachhaltig geschädigt – jedenfalls in jenen Kreisen, auf die es am Ende ankommt: bei den Aktiven im Spitalwesen und in der Akademie.»

Der Whistleblower

André Plass hatte vor drei Jahren als Whistleblower auf verschiedene Missstände an der Klinik für Herzchirurgie aufmerksam gemacht. Er wurde entlassen, klagte jedoch bis vor Bundesgericht gegen die Kündigung. Das Bundesgericht entschied letztes Jahr, dass die Entlassung von André Plass rechtens war.
Die Begründung dafür: Dass er Unregelmässigkeiten in der Klinik ans Licht gebracht hatte, sei nicht der Grund für die Entlassung gewesen. Vielmehr sei der Konflikt zwischen ihm und seinem Vorgesetzten, dem Klinikdirektor Francesco Maisano, so verhärtet gewesen sei, dass er nur durch die Auflösung einzelner Anstellungsverhältnisse habe beruhigt werden können. Der Konflikt sei auch durch das Verhalten von André Plass entstanden.
Plass hatte Maisano vorgeworfen, Studien geschönt, Interessenkonflikte verschwiegen und Behörden in die Irre geführt zu haben. Damit habe der Direktor für Herzchirurgie am USZ die Patientensicherheit gefährdet. Das USZ beendet auch das Arbeitsverhältnis mit Francesco Maisano.

  • spital
  • herzchirurgie
  • universitätsspital zürich
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

GZO Spital Wetzikon: Definitive Nachlassstundung bewilligt

Damit wird dem Spital Wetzikon die benötigte Zeit eingeräumt, um das Sanierungskonzept anzugehen.

image

Das MediData-Netz: Damit alle profitieren

Die Digitalisierung im Gesundheitssystem ist dringend und bringt Vorteile für Health Professionals und Patient:innen. Die Standardisierung des Forums Datenaustauschs ermöglicht eine sichere Vernetzung und effiziente Prozesse. Das MediData-Netz ermöglicht die schnelle Implementierung neuer Lösungen.

image

Gesundheitsfördernde Materialien gesucht?

Die Wahl passender Materialien ist bei Neu- und Umbauten eine grosse Herausforderung – auch im Gesundheitsbereich. Denn diese müssen unterschiedlichen und hohen Anforderungen gerecht werden. Nicht immer ist das jahrelang Eingesetzte die beste Wahl und neue Alternativen haben es schwer.

image

Spitäler Schaffhausen: Gesamterneuerung teurer, Kosten bei 330 Millionen Franken

Dabei soll der Kanton insgesamt 130 Millionen Franken beitragen.

image

Nachhaltiger Neubau in Arlesheim: Fast alles aus Holz

Der Neubau der Klinik Arlesheim setzt auf nachhaltigen Holzbau. Mit modernster Architektur und ökologischen Materialien entsteht ein einzigartiges Gebäude, das Gesundheit und Umwelt vereint. Ein Projekt, das für die Zukunft der medizinischen Versorgung steht.

image

Spital Thusis: Zwischen Status Quo und Leistungsabbau

Soll das Spital Thusis in der heutigen Form erhalten bleiben – oder sich auf Kernbereiche beschränken? Dies die vorliegenden Szenarien. Ein Entscheid soll bis Mai 2025 fallen.

Vom gleichen Autor

image

«Hausarzt ist kein Beruf, den man subventionieren muss»

Ein Arzt macht vor, wie eine Berggemeinde zu medizinischer Versorgung kommt. Und er kritisiert Kollegen, die einfach ihre Praxis schliessen.

image

Pflegefachleute verschreiben so sachkundig wie Ärzte

Das dürfte das Pflegepersonal freuen: Es stellt laut einer US-Studie genauso kompetent Arzneimittel-Rezepte aus wie Ärzte.

image

Temporär-Arbeit in der Pflege: Ein Angebot mit Haken

Es gibt gute Gründe für Pflegefachleute, sich nur noch temporär anstellen zu lassen. Aber es gibt auch ein paar gute Argumente dagegen.