Für die deutsche Regierung hat es Schelte von den Medien gegeben: Dort haben die PCR-Tests bisher mehr als sechs Milliarden Euro gekostet. Staat und Krankenkassen hätten viel Geld sparen können, lautet der Vorwurf. «Hat niemand die horrenden Preise geprüft?», fragte die Tagesschau des nationalen öffentlichen TV-Senders ARD.
Goldgräberstimmung in den Labors
Mit Zahlen belegten die Journalisten der «Süddeutschen Zeitung», dass die Labormediziner während der Pandemie Milliarden verdient haben. Und sie stellten fest: In den vergangenen beiden Jahren herrschte dank der Pandemie Goldgräberstimmung in der Branche.
So habe einer der grössten Laborkonzerne in Deutschland, Sonic Healthcare, die Umsätze dank PCR-Tests innert eines Jahres um 47 Prozent gesteigert. Der Gewinn des Unternehmens sei förmlich explodiert – von 82 auf 274 Millionen Euro.
Preise viel zu hoch kalkuliert
Angeprangert wird die fragwürdige Preiskalkulationen der PCR-Tests. Damit habe die Ärzte-Lobby hohe Preise durchgesetzt. Dabei wären die Testmaterialien zu deutlich niedrigeren Preisen am Markt erhältlich gewesen, haben die Medien recherchiert.
Demnach soll die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit 59 Euro pro Test einen Wert angesetzt haben, der sich am recht selten durchgeführten Hepatitis-Test orientierte – und nicht an häufigeren, wesentlich billigeren Tests auf Influenza oder RSV, welche nur rund 20 Euro kosten.
Kassen mussten Preis akzeptieren
Das Bundesgesundheitsministerium soll Druck auf Kassen ausgeübt haben, die Preise zu akzeptieren. Bis heute haben PCR-Tests in Deutschland etwa 6 Milliarden Euro gekostet. Zwar wurden die Preise mehrfach gesenkt. Ein Teil der Kosten wäre laut dem Rechercheteam aber vermeidbar gewesen.
Angesichts dieser Vorwürfe in Deutschland hat Medinside bei den Schweizer Behören nachgefragt – und in Erfahrung gebracht: Hier kosteten die PCR-Tests bisher rund 2,5 Milliarden Franken. Das heisst, dass die Schweiz fast halb so viel wie Deutschland für PCR-Tests ausgegeben hat, obwohl Deutschland das Zehnfache an Einwohnern hat.
Schweiz gab noch viel mehr aus
Die Schweiz zahlte pro Test auch wesentlich mehr als das Nachbarland. Zu Beginn der Pandemie zahlte nicht der Bund, sondern die Krankenkassen übernahmen die Testkosten. Opponieren gegen die Testkosten konnten sie nicht. Denn der Bund verordnet die Preise. Am Anfang waren das 180 Franken pro Test plus eine Auftragstaxe von 24 Franken.
Das BAG relativiert diesen Preis: Damals habe es nur aufwendige Analyseverfahren gegeben. Als es automatisierte Testsysteme gab, senkte der Bund die Vergütung auf 95 Franken plus Auftragstaxe. Ab Sommer 2020 übernahm der Bund die Testkosten.
Preise abgestuft - aber immer noch horrend hoch
Am 18. September 2020 senkte der Bund den Preis auf 82 Franken. Aber erst im April 2021 setzte das BAG etwas Druck auf. Offenbar wurde den Behörden bewusst, dass die Labors mit dem massenhaften Testen grosse Gewinne machten. Das BAG führte deshalb unterschiedliche Preise – abhängig von der Anzahl durchgeführter Analysen in einer Kalenderwoche – ein.
Trotz dieser Abstufung blieben die Kosten hoch. Gab es weniger als 100'000 Tests wöchentlich. bezahlte der Bund 82 Franken. Waren es mehr, zahlte der Bund entsprechend weniger, ab 200'000 Tests waren es nur noch 64 Franken, die pro Test vergütet wurden.
Eine «Gratwanderung»?
Und was sagt das BAG zum Vorwurf, dass der Bund für die Tests viel zu viel bezahlt habe? «Die Tarifierung der Analysen zur Eindämmung einer Pandemie war immer eine Gratwanderung zwischen der Versorgungssituation, der Sicherstellung der nötigen Kapazitäten und einer reinen Vergütung der effizientesten Leistungserbringung», erklärt BAG-Sprecher Grégoire Gogniat gegenüber Medinside.
Das lässt sich so interpretieren, dass die Schweiz bei den Tests nicht gross aufs Geld schaute. Die Frage ist: Musste der Bund tatsächlich so viele PCR-Tests zur Verfügung stellen? Und hat sich die milliardenhohe Investition ins Testen rückblickend tatsächlich gelohnt?
Seit Anfang Jahr zahlt der Bund keine Tests mehr. Wenn sich Personen testen lassen, müssen sie das selber zahlen, und es gelten freie Marktpreise.
Die detaillierten Zahlen
Der Bund hat bisher folgende Kosten für Analysen auf SARS-CoV-2 übernommen:
- 2020: 194 Millionen Franken
- 2021: 1'184 Millionen Franken
- 2022: bisher 1'093 Millionen Franken
Dies ergibt ein Total von 2'471 Millionen Franken oder rund 2,5 Milliarden Franken
Bund will Covid-19-Testkosten zurückfordern
Letzten Herbst hat Medinside
hier darüber berichtet, dass Corona-Testcenter in grossem Stil Geld mit Tests kassiert haben, die sie nie gemacht haben. Dabei haben sie die Hilfe von Ärzten genutzt und mutmasslich etwa 20 Millionen Franken ertrogen.
Aufgrund von Nachprüfungen kam das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zum Schluss, dass die Abrechnung der durchgeführten Covid-19 Testkosten «von einigen Leistungserbringern nicht korrekt durchgeführt wurde und dass Covid-19 Testkosten in Rechnung gestellt wurden, die nicht stattgefunden haben.» Das BAG will die Testkosten zurückfordern.