Autopsien werden immer dann vorgenommen, wenn die Todesursache eines Verstorbenen nicht eindeutig ist. Das chirurgische Verfahren soll dazu beitragen, einen besseren Einblick in die pathologischen Prozesse zu gewinnen und um festzustellen, welche Faktoren zum Tod geführt haben. Hinsichtlich der an oder mit Sars-CoV-2 verstorbenen Menschen wird schon länger kontrovers darüber diskutiert, wie viele der weltweit knapp
sechs Millionen registrierten laborbestätigten Fälle tatsächlich am Virus selbst verstorben sind.
Um multizentrische Autopsie-basierte Studien zu ermöglichen und um eine zentrale Drehscheibe zur Unterstützung von Autopsiezentren, Forschern sowie Datenanalysen und -berichten bereitzustellen, hat Deutschland im April 2020 das Covid-19-Autopsieregister «DeRegCOVID» ins Leben gerufen.
Jetzt haben Forschende der Uniklinik der RWTH Aachen auf dessen Basis eine erste Datenanalyse gemacht. Ihre Ergebnisse wurden am 17. Februar im Fachmagazin
«The Lancet» publiziert. Sie kommen zu Schluss, dass die meisten Corona-Toten tatsächlich am Virus verstorben sind. Das berichteten mehrere deutsche Medienkanäle, darunter die
deutsche Ärztezeitung.
86% der Obduzierten an Corona verstorben
Konkret: In Deutschland sind gemäss
Robert Koch Institut (RKI) Stand heute Dienstag, 122'702 Menschen am oder mit dem Corona-Virus verstorben. Von total 1129 registrierten Fällen wurden in der Studie 1095 obduzierte Tote berücksichtigt. Bei 86 Prozent dieser Fälle war das Sars-CoV-2-Virus tatsächlich die zugrunde liegende Todesursache. Nur in 14 Prozent der untersuchten Fälle war Corona lediglich die Begleiterkrankung, wie die Forscher berichten.
Die häufigste unmittelbare Todesursache sei ein sogenannter diffuser Alveolarschaden gewesen. Alveolen sind tiefliegende Lungenbläschen, die für den Austausch zwischen Blut und Atemluft sorgen. Multiorganversagen, den Ausfall mehrerer lebenswichtiger Organe also, nennen die Wissenschafter als zweithäufigste Todesursache.
Unter den 1095 berücksichtigten obduzierten Toten waren Männer im Verhältnis fast doppelt so häufig vertreten wie Frauen. Die meisten männlichen Covid-Toten waren zwischen 65 und 69 sowie zwischen 80 und 84 Jahre alt. Die an Covid-19 gestorbenen Frauen waren zum grössten Teil älter als 85 Jahre.
Knapp 13'000 Fälle in der Schweiz
In der Schweiz sind gemäss
BAG-Corona-Dashboard (Stand: 28. Februar) 12'726 laborbestätigte Fälle registriert. Medinside wollte in Erfahrung bringen, ob die Schweiz ebenso konkretere Angaben hinsichtlich der hier vorgenommen Obduktionen machen kann. Die Stellungnahme des Bundesamtes für Gesundheit lautet wie folgt:
Das BAG veröffentlicht auf dem Dashboard alle Todesfälle, die im Zusammenhang mit einer laborbestätigten SARS-CoV-2-Infektion gemeldet werden. Die Meldung dafür muss innerhalb von 24 Stunden mit dem Formular zum klinischen Befund nach Todesfall gemeldet werden. Das Ziel ist, das epidemiologische Geschehen rund um die Covid-19 Pandemie zu erfassen und abzubilden. Die genaue Todesursache wird dabei nicht erfasst und nicht ausgewertet. Ob obduziert wurde und mit welchem Ergebnis, kann im Feld «Bemerkungen» eingetragen werden. Solche optionalen Zusatzinformationen dienen jedoch nur der Einzelfallüberprüfung und werden nicht routinemässig ausgewertet.
Die Todesursache an und für sich wird vom Bundesamt für Statistik (BFS) im Rahmen der Todesursachen-Statistik ausgewertet und veröffentlicht. Dies findet mit zeitlicher Verzögerung statt. Derzeit sind Ergebnisse bis Ende Mai 2020 verfügbar.
Des Weiteren weisen wir darauf hin, dass auch in der Schweiz Studien durchgeführt werden, welche grundlegende Fragen zu Risikofaktoren und Todesursache von Covid-19 Patienten mittels Autopsie untersuchen (z.B. Haslbauer et al 2021). Ein Blick auf die
BFS-Statistik zeigt das Folgende: Bis Ende Mai 2020 verzeichnet werden im
- März 347 (mindestens 1 Begleiterkrankung hatten 325)
- April 689 (mindestens 1 Begleiterkrankung hatten 662)
- Mai 78 (mindestens 1 Begleiterkrankung hatten 67)
Sterbefälle mit Covid-19 als Haupttodesursache registriert.
Die Angaben über Personen, die tatsächlich am Corona-Virus verstorben sind, bleiben also nach wie vor vage.