Das plant Hirslanden mit der Privatklinik Linde

Aufbau einer Kardiologie mit der Berner Klinik Beau-Site, Berner Patienten für die Radiotherapie, Mehrfach-Akkreditierung für die Belegärzte: Dies einige Aspekte des Übernahmeangebots.

, 7. Juni 2017 um 14:43
image
Hirslanden ist die grösste Privatspitalgruppe im Land – und dabei am stärksten vertreten in der Deutschschweiz.
Swiss Medical Network ist die zweitgrösste Privatspitalgruppe im Land – stark vor allem in der Romandie.
Nur schon ein Blick auf die Landkarte lässt also ahnen, weshalb jetzt ein Bieterkampf um die einzige Privatklinik in der Region Biel-Bienne entbrannt ist.

25 Millionen Investitionen

Wie bekannt, meldete Swiss Medical Network Mitte Mai die Übernahme der Klinik Linde zu einem Preis von 87,5 Millionen Franken; das Haus solle im Rahmen des SMN-Netzwerkes die Rolle eines «Leaders» im Raum Neuenburg-Bern-Solothurn spielen – mit der Möglichkeit, auch in den Kanton Jura auszugreifen. Auch kündigte SMN an, in den nächsten Jahren 25 Millionen Franken zu investieren; wie Linde-Verwaltungsratspräsident Kurt Aeberhard an der Generalversammlung vom Mittwoch andeutete, könnte eine Dépendance in Lyss Teil solch eines gemeinsamen Projekts sein. Auch würden vier Belegärzte im Verwaltungsrat verbleiben.
Aber dann folgte der zweite Schritt: Hirslanden zog nach und stellte den Aktionären der Bieler Klinik einen Gesamtpreis von gut 100 Millionen Franken in Aussicht. 
Auch hier diente der Standort als Erklärung fürs Interesse: Die Privatklinik Linde würde «für Hirslanden eine geographische Lücke zwischen Bern und dem Mittelland schliessen» und zugleich einen besseren Zugang zum Kanton Jura eröffnen, sagt Hirslanden-Sprecher Claude Kaufmann. Dabei ergäben sich verschiedene Synergien durch Behandlungsangebote, die einander ergänzen.

«Bedeutende Anzahl Zuweisungen»

Was das konkret heisst, erfuhren derweil die Aktionäre der Klinik Linde per Brief. In einem vierseitigen Schreiben schildert die Hirslanden-Leitung, wie bisherige Hirslanden-Patienten aus dem Seeland bald schon wohnortnah in der Privatklinik Linde behandelt werden könnten, während umgekehrt komplexe Fälle der Linde in den Hirslanden-Kliniken in Bern und Aarau versorgt würden.
Konkrete Projekte müsse man dann noch gemeinsam definieren. Aber anbieten könnte sich zum Beispiel der Aufbau einer Kardiologie in Zusammenarbeit mit der Klinik Beau-Site. Umgekehrt könnte es bei der Radiotherapie laufen: «Da Hirslanden in Bern keine eigene Radiotherapie betreibt und in Zukunft auch nicht plant, kann mit einer bedeutenden Anzahl Zuweisungen aus der Hirslanden Versorgungsregion Bern in die Radiotherapie der Privatklinik Linde gerechnet werden.» 
  • Hirslanden führt 16 Kliniken in 11 Kantonen, beschäftigt rund 9'000 Mitarbeitende und hat 2'000 Belegärzte. Rund 100'000 Patienten werden stationär behandelt.
  • Swiss Medical Network hat ebenfalls 16 Kliniken, beschäftigt 2’950 Angestellte und 1’790 Ärzte.
  • Die Klinik Linde steht auf der Berner Spitalliste und konzentriert sich auf Chirurgie, Sportmedizin, Orthopädie, Onkologie, Radiologie sowie Gynäkologie und Geburtshilfe. Pro Jahr betreut das Haus rund 6’000 Patienten. Es beschäftigt 400 Personen und verfügt über rund 90 Belegärzte.

Den Bieler Ärzten würden sich dabei auch persönlich neue Türen öffnen – nämlich der Zugang zu anderen Hirslandenkliniken. «So können sie standortübergreifende Kompetenzzentren aufbauen und z. B. Eingriffe der hochspezialisierten Medizin an der Klinik Beau-Site durchführen.»
Das von CEO Ole Wiesinger und Finanzchef Andreas Kappeler unterschriebene Angebot erwähnt ferner, dass Hirslanden bei einer Übernahme voraussichtlich in der Lage sein werde, seine Tarif-Konditionen auch der Privatklinik Linde zu Gute kommen zu lassen. Hinzu kämen Preis- und Effizienzvorteile etwa bei Einkauf und Kodifizierung, ferner die Unterstützung der Führungskräfte im Personal- oder Qualitätsbereich durch die Stabsstellen des Mediclinic-Konzerns, also des Mutterhauses von Hirslanden.
Was beim Entscheid wichtig ist
Der Berner Gesundheitsökonom Heinz Locher kommentierte im «Bieler Tagblatt» die aktuelle Entwicklung. Die beiden konkurrenzierenden Gruppen seien «gleichwertige Partner». Allerdings sei Hirslanden weiter bei der Integration der zentralen unternehmerischen Prozesse.
Aus Sicht der Belegärzte – welche durch ihr Aktionärsgewicht letztlich über das Schicksal der Klinik Linde bestimmen können – sei nicht nur der Geldaspekt zu beurteilen: «Mir wäre eine Zusicherung des künftigen Leistungsangebots beispielsweise für die nächsten fünf Jahre wichtig», so Locher im Bieler Tägu.
Interessant für die Belegärzte sei die von Hirslanden angebotene Mehrfachakkreditierung: «Wer medizinische Ambitionen hat, für den ist dies attraktiv.»
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

So wird KI fit für die klinische Routine

Vivantes integriert mit clinalytix KI in die täglichen Behandlungsprozesse

image

GZO Spital Wetzikon: Definitive Nachlassstundung bewilligt

Damit wird dem Spital Wetzikon die benötigte Zeit eingeräumt, um das Sanierungskonzept anzugehen.

image

Das MediData-Netz: Damit alle profitieren

Die Digitalisierung im Gesundheitssystem ist dringend und bringt Vorteile für Health Professionals und Patient:innen. Die Standardisierung des Forums Datenaustauschs ermöglicht eine sichere Vernetzung und effiziente Prozesse. Das MediData-Netz ermöglicht die schnelle Implementierung neuer Lösungen.

image

Gesundheitsfördernde Materialien gesucht?

Die Wahl passender Materialien ist bei Neu- und Umbauten eine grosse Herausforderung – auch im Gesundheitsbereich. Denn diese müssen unterschiedlichen und hohen Anforderungen gerecht werden. Nicht immer ist das jahrelang Eingesetzte die beste Wahl und neue Alternativen haben es schwer.

image

Spitäler Schaffhausen: Gesamterneuerung teurer, Kosten bei 330 Millionen Franken

Dabei soll der Kanton insgesamt 130 Millionen Franken beitragen.

image

Spital Thusis: Zwischen Status Quo und Leistungsabbau

Soll das Spital Thusis in der heutigen Form erhalten bleiben – oder sich auf Kernbereiche beschränken? Dies die vorliegenden Szenarien. Ein Entscheid soll bis Mai 2025 fallen.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.