Das Online-Magazin «Republik» hat gegen die journalistischen Regeln verstossen, als es über die Affäre Maisano am Unispital Zürich berichtete. Es hätte den Namen des Arztes, der die vermuteten Missstände gemeldet hatte, nicht nennen dürfen. Zu diesem Schluss kam der Schweizer Presserat.
Eine «Trilogie» über die Herzkrise
Was hat sich die «Republik» zu Schulden kommen lassen? Sie veröffentlichte letzten März drei Artikel mit dem Titel «Zürcher Herzkrise – eine Trilogie». Deren Thema waren die Vorgänge in der Herzmedizin am Universitätsspital Zürich (USZ).
Beschrieben war auch die Rolle jenes Herzchirurgen, der mit seinem Whistleblowing gegen seinen Chef in der Herzklinik, Francesco Maisano, die Affäre ausgelöst hatte. Dieser Arzt reichte darauf eine Beschwerde beim Presserat ein.
Zu spät von Vorwürfen entlastet
Er warf dem Magazin vor, ihn schwer verunglimpft zu haben, indem sie falsche Vorwürfe verbreitet habe, die aus anonymer Quelle stammten. Ausserdem habe es seinen Namen genannt, obwohl er das nicht wollte. Er erhält nun vom Presserat Recht - zumindest teilweise: Die «Republik» hat zwar nicht Unwahrheiten verbreitet, jedoch viel zu spät darüber berichtet, dass der Arzt von gewissen Vorwürfen entlastet worden sei.
Und vor allem hätte das Magazin auch den Namen des Leitenden Arztes nicht nennen dürfen. Zwar habe dieser eine wichtige Funktion im Spital gehabt, und dieses werde immerhin von Steuerzahlern finanziert. Ausserdem habe der Arzt nicht einfach nur als Whistleblower gewirkt, sondern habe sich auch an der Affäre beteiligt. Trotzdem: Der Name des Arztes half den Lesern nicht, wenn sie die Vorfälle am Spital beurteilen wollten.
Vernazza wurde nicht dämonisiert
Ein weiterer Beschwerdefall vor dem Presserat betrifft einen Artikel über den damaligen St. Galler Chefarzt Pietro Vernazza. Doch hier liess sich die angeklagte «Sonntagszeitung» nichts zu Schulden kommen.
Stein des Anstosses war ein Artikel mit dem Titel: «Chronik einer tödlichen Verharmlosung». Die Journalisten schrieben: «St. Gallen hatte in der zweiten Welle eine sechsmal höhere Übersterblichkeit als Basel-Stadt. Das zeigt ein grosser Vergleich der Kantone. Die Gründe liegen auch in der unterschiedlichen Corona-Politik».
Opfer wurden nicht Vernazza zur Last gelegt
Weiter hiess es, Regierungspräsident Bruno Damann und Pietro Vernazza, Chefarzt am Kantonsspital St. Gallen, hätten das Virus zu lange verharmlost.
Drei Personen warfen der Zeitung vor, sie habe Vernazza mehr oder weniger direkt für den Tod von Hunderten von Corona-Opfern verantwortlich gemacht. Der Presserat kam jedoch zum Schluss: Der Artikel stelle nur fest, dass Vernazza die Massnahmenpolitik im Kanton St. Gallen mitbeeinflusst habe.
Auch diese Mediziner beschwerten sich
Seit einigen Jahren rücken medizinische Fachleute immer mehr ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Das hat auch zur Folge, dass sich einige von ihnen von den Medien ungerecht behandeln fühlen. Die Beschwerden von Ärzten beim Presserat nehmen zu:
Francesco Maisano beschwerte sich im Oktober 2020 beim Presserat über rund 30 Artikel des «Tages-Anzeigers» und der «Sonntagszeitung». Er erhielt nur in einem kleinen Punkt Recht: Der «Tages-Anzeiger» hatte in einem Kommentar nicht erwähnt, dass sich Maisano gegen die erhobenen Vorwürfe gewehrt habe.
Im September 2020 beschwerte sich das Gesundheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt: Die «Basler Zeitung» habe zu scharfe Vorwürfe gegen Gesundheitsdirektor
Lukas Engelberger erhoben – ohne dass er sich dazu äussern konnte. In
diesem Fall tadeltet der Presserat die Zeitung für ihren Artikel.
Im März 2020 machte der Epidemiologe
Christian Althaus eine Beschwerde gegen «20 Minuten» und «blick.ch». Seine Aussagen seien falsch und reisserisch zitiert worden. Doch der Presserat fand die Zitate zulässig, wie Medinside
hier berichtete.
Im März 2019 beschwerte sich ein
Aargauer Zahnarzt wegen eines Artikels im «Blick». Er sei rufschädigend. Der Schweizer Presserat fand:
Das muss sich der Zahnarzt gefallen lassen.