So geht das Inselspital nun im Fall Urwyler vor

Nach der Millionenforderung von Natalie Urwyler legt die Insel Gruppe ihren Standpunkt erstmals ausführlicher als bisher gewohnt dar.

, 27. Juni 2020 um 12:00
image
  • spital
  • insel gruppe
  • natalie urwyler
  • uwe e. jocham
Im Fall der 2014 entlassenen Anästhesieärztin Natalie Urwyler erfährt die Öffentlichkeit immer mehr Details. Erst vor kurzem ist bekannt geworden, dass sie mit Verweis auf das Gleichstellungsgesetz «Schadenersatz für ihre verhinderte Karriere» im Umfang von fünf Millionen Franken fordert. 
Diese monetäre Forderungen sind für Uwe E. Jocham «weit höher», als er es bei arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen je gesehen habe. Dies sagt der Insel-Direktionspräsident der «Berner Zeitung» (Artikel abopflichtig). Das Inselspital könne und wolle deshalb in keiner Art auf Urwylers Millionenansprüche eintreten.

Sie betreibt die Insel Gruppe seit Jahren

Natalie Urwyler gehe, so Jocham weiter, bei ihren Entschädigungsforderungen davon aus, sie hätte an der Insel quasi automatisch weiter Karriere gemacht. Das hält er für «vermessen», sagt er der Zeitung. Einer Berufung zu einer Professur oder einer Klinikleitung gehe ein «harter, nicht voraussehbarer Auswahlprozess» voraus.
Der Direktionspräsident erwähnt gleichzeitig, dass Urwyler die Insel Gruppe seit Jahren jährlich auf die Summe von zehn Millionen Franken betreibe. Man habe das tun müssen, um eine Verjährung zu vermeiden, erklärt ihr Anwalt Rolf P. Steinegger der BZ diesen Schritt.

Insel Gruppe wird ihr wohl kündigen

Uwe E. Jocham sieht schliesslich keine Möglichkeit, dass die formell freigestellte Ärztin je wieder bei der Insel Gruppe arbeiten werde. Ebenso, dass die Berner Spitalgruppe ihr in einem aussergerichtlichen Vergleich angesichts der Höhe der Forderungen entgegenkommen könne. 
Das wahrscheinlichste Szenario: «Wir warten das Ende des Verfahrens ab und werden ihr sechs Monate danach ordentlich kündigen», sagt er der Zeitung. Für Anwalt Steinegger ist seine Klientin «im Gegensatz zum Inselspital» aber bereit, «über eine faire und vernünftige aussergerichtliche Regelung zu verhandeln».

Insel-Anwalt: Hat nichts mit Gleichstellung zu tun

Der Fall Urwyler zieht sich bereits über mehrere Jahre hin. Die erfolgreiche und habilitierte Ärztin hatte vor sechs Jahren die Kündigung erhalten, unter anderem weil das Arbeitsverhältnis zu ihrem Chef Frank Stüber «zerrüttet» gewesen sein soll. Die Ärztin sah sich «diskriminiert» und klagte mit Berufung auf das Gleichstellungsgesetz gegen ihre Entlassung. 
Das Berner Obergericht bestätigte 2018 das Urteil der Vorinstanz, welche die Kündigung als «Rachekündigung» qualifizierte. Für den Anwalt der Insel Gruppe, Jörg Zumstein, hat Urwylers Sieg aber nichts mit Gleichstellung zu tun, weil das Gericht bloss einen «Formfehler» geltend gemacht habe. Es war noch eine Beschwerde wegen Diskriminierung offen. Für die Gleichstellungsfrage relevanter hält Zumstein den noch hängigen Teil mit den Poolgeldern.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

GZO Spital Wetzikon: Definitive Nachlassstundung bewilligt

Damit wird dem Spital Wetzikon die benötigte Zeit eingeräumt, um das Sanierungskonzept anzugehen.

image

Das MediData-Netz: Damit alle profitieren

Die Digitalisierung im Gesundheitssystem ist dringend und bringt Vorteile für Health Professionals und Patient:innen. Die Standardisierung des Forums Datenaustauschs ermöglicht eine sichere Vernetzung und effiziente Prozesse. Das MediData-Netz ermöglicht die schnelle Implementierung neuer Lösungen.

image

Gesundheitsfördernde Materialien gesucht?

Die Wahl passender Materialien ist bei Neu- und Umbauten eine grosse Herausforderung – auch im Gesundheitsbereich. Denn diese müssen unterschiedlichen und hohen Anforderungen gerecht werden. Nicht immer ist das jahrelang Eingesetzte die beste Wahl und neue Alternativen haben es schwer.

image

Spitäler Schaffhausen: Gesamterneuerung teurer, Kosten bei 330 Millionen Franken

Dabei soll der Kanton insgesamt 130 Millionen Franken beitragen.

image

Nachhaltiger Neubau in Arlesheim: Fast alles aus Holz

Der Neubau der Klinik Arlesheim setzt auf nachhaltigen Holzbau. Mit modernster Architektur und ökologischen Materialien entsteht ein einzigartiges Gebäude, das Gesundheit und Umwelt vereint. Ein Projekt, das für die Zukunft der medizinischen Versorgung steht.

image

Spital Thusis: Zwischen Status Quo und Leistungsabbau

Soll das Spital Thusis in der heutigen Form erhalten bleiben – oder sich auf Kernbereiche beschränken? Dies die vorliegenden Szenarien. Ein Entscheid soll bis Mai 2025 fallen.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.