Sie macht schwer krank und kann tödlich enden: Die Sinusvenenthrombose ist ein Gerinnsel in einem blutableitenden Gefäss im Gehirn. Beide vektorbasierten Vakzine von Astra Zeneca und Johnson & Johnson können diese Nebenwirkung nach der Impfung auslösen. Sie ist zwar eher selten, aber nicht selten genug, um darüber hinwegzusehen. Deshalb hatten zahlreiche Länder im März einen Impf-Stopp verordnet, wie Medinside
hier berichtete.
Junge Frauen betroffen
Wie das deutsche Newsportal
Focus schreibt, wurden dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) bei knapp vier Millionen Impfungen mit dem Astra Zeneca-Impfstoff Vaxzevria 55 Fälle einer Sinusvenenthrombose gemeldet. Betroffen seien überwiegend Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter, die ohne die Impfung keine Probleme mit der Blutgerinnung gehabt hätten.
Doch auch einige jüngere Männer erlitten eine Hirnthrombose, weshalb «Vaxzevria» in Deutschland vorsichtshalber nicht mehr an Personen unter 60 Jahren verimpft wird. Das Vakzin von Johnson & Johnson ist in der Schweiz nach wie vor nicht zugelassen.
Anders verhält es sich mit dem Vakzin von Johnson & Johnson: Nach Prüfung der EU-Arzneimittelbehörde (EMA) darf der Impfstoff in der EU neu uneingeschränkt verwendet werden (siehe Text unten). Dies, obwohl die Impfung damit in den USA gestoppt wurde, weil sechs dokumentierte Thrombosen-Fälle bei Frauen zwischen 48 aufgetreten waren und eine von ihnen verstarb.
Symptome einer Sinusvenenthrombose
Bei der Sinusvenenthrombose kommt es aufgrund einer Thrombose in den zerebralen Venen und den drainierenden Sinus durae matris zu einer venösen Abflussstörung. Die Symptome können Kopfschmerzen, Lähmungen oder Sprachstörungen sein. Die Thrombozytopenie, ein Mangel an Blutplättchen, führt wiederum zu einer erhöhten Blutungsneigung. Diese zeigt sich in Form von punktförmigen Einblutungen in der Haut oder auf den Schleimhäuten; gelegentlich kommt es zu starkem Nasenbluten.
Das steckt hinter den Impf-Thrombosen
Nun haben Forscher um den Transfusionsmediziner Andreas Greinacher von der Universität Greifswald laut «Focus» herausgefunden, welche biologische Kaskade zu den Sinusvenenthrombosen führt: Bei den Betroffenen sind spezielle Antikörper vorhanden, die sich an die Blutplättchen (Thrombozyten) binden. Dadurch werden diese aktiviert. In der Regel sorgen Thrombozyten bei einer Verletzung für den Blutungs-Stopp. Werden sie aktiviert, ohne dass eine Blutung besteht, können sich Gerinnsel im Blut bilden, welche die Gefässe verstopfen können.
Was genau die Bildung der speziellen Antikörper auslöse, sei noch unklar, «daran forschen wir weiter», sagt Andreas Greinacher gegenüber dem deutschen News-Portal. Es sei noch nicht einmal klar, ob diese Antikörper schon vor der Impfung im Körper waren oder durch die Immunisierung gebildet wurden. Manche Immunologen vermuten, dass die Betroffenen bereits vor der Impfung mit etwas Kontakt gehabt haben, gegen das die Abwehrzellen dieselben Antikörper bilden.
Was könnte die Ursachen sein?
Den Mechanismus für die Sinusvenenthrombose kennen Mediziner vom Gerinnungsmedikament Heparin. Dort wird vereinzelt eine ganz ähnliche Immunreaktion beobachtet: die sogenannte heparininduzierte Thrombozytopenie, kurz HIT. Die Experten für Thromboseforschung wissen bisher nicht, ob und welcher Bestandteil des Impfstoffs den Ablauf in Gang setzt.
Deshalb stehen die Forscher nun vor einem Rätsel. Die Wissenschaftler wissen bisher nicht, ob und welcher Bestandteil des Impfstoffs den Ablauf in Gang setzt. Diese vier Ursachen stehen in Verdacht, Thrombosen auszulösen:
- Das Virus, das den Impfstoff als Vektor in die Zellen transportiert?
- Ein anderer Bestandteil des Serums?
- Die genetische Sars-CoV-2-Information, die zur Bildung des Spike-Proteins in den Zellen anregt?
- Das dadurch entstandene Antigen, das die Immunantwort auf den Plan ruft?
Im Raum steht auch die Frage nach der Gemeinsamkeit der Betroffenen. Gibt es eine genetische Disposition, eine Auffälligkeit im Immunsystem?
Welche Substanz oder welcher Mechanismus die Antikörper entstehen lassen, hält die Thromboseforscherin Alice Assinger von der medizinischen Universität Wien für besonders wichtig: «Kann eine Beteiligung eines Vektor-Anteils an der Antikörperproduktion nachgewiesen werden, könnte diese Studie dazu beitragen, die Sicherheit von Impfungen zu verbessern, indem in Zukunft alternative Vektoren verwendet werden», wird sie zitiert.
Johnson & Johnson erhält Zulassung in der EU
Der US-Herstellers Johnson & Johnson hat für seinen vektorbasierten Impfstoff nach Prüfung der EU-Arzneimittelbehörde (EMA) in der EU uneingeschränkt verwendet werden. Der Wirkstoff könne in sehr seltenen Fällen Blutgerinnsel auslösen, hält die EMA fest. Trotzdem überwiege der Nutzen des Mittels im Kampf gegen Covid-19.
Nachdem in den USA mindestens sechs Fälle von Blutgerinnseln in Hirnvenen aufgetreten waren, prüften die Experten der Amsterdamer Behörde den Impfstoff erneut. Alle betroffenen Patienten waren unter sechzig, hauptsächlich Frauen, die Nebenwirkungen traten innerhalb von drei Wochen nach der Impfung auf, das berichtet der Fernsehsender
Euronews.
Vor einer Woche hatte Johnson & Johnson mit der Lieferung seines Präparats in die EU-Staaten begonnen Der US-Konzern hatte dazu aufgerufen, den Impfstoff bis zur Klärung nicht anzuwenden.