Während Frankreich der wissenschaftlich fragwürdigen Homöopathie den Status einer anerkannten Therapieform aberkannt hat, läuft in Deutschland die Diskussion in die gleiche Richtung. So erstaunt es nicht, dass die neue Stiftungsprofessur für Komplementärmedizin an der Universität Basel für hitzige Diskussionen sorgt.
Gut unterrichte Quellen berichten von «sehr breitem Unmut» und «Ärger» gegenüber der von Anthroposophen gestifteten Professur,
wie die «bz Basel» am Donnerstag berichtet. Allerdings getrauten sich die Gegner nicht, ihre Haltung öffentlich zu machen.
Carsten Gründemann übernimmt Professur
Fakt ist: Die Fakultätsversammlung der Uni stimmte laut Rektoratsbeschluss mit 34 Mitgliedern zwar mehrheitlich für die Berufung von Carsten Gründemann, ein Mitglied votierte dagegen und 21 Wissenschafter enthielten sich der Stimme. In der Regel fallen solche Entscheide einstimmig, vereinzelt gibt es wenige Gegenstimmen oder Enthaltungen. Öffentlich kommuniziert ist noch nichts.
Carsten Gründemann leitet derzeit an der Universität Freiburg (D)
das Zentrum für Naturheilkunde. Er untersucht zum Beispiel mit Geldern vom Nationalfonds die Wirksamkeit von Phytopharmaka bei psychischen Problemen in Schwangerschaften. Seine Berufung ist zwar faktisch erfolgt, der Vertrag ist aber noch nicht unter Dach und Fach. Bevor nicht alle Formalitäten geregelt sind, will Gründemann deshalb auch keine Stellung nehmen.
Pharmakonzern Weleda als Geldgeber
Umstritten ist vor allem die Finanzierung des Stiftungsprofessur. Die grösste Geldgeberin ist Beatrice Oeri, wie die Zeitung aufdeckt. Die bekannte Mäzenin finanziert über die Stiftung Metsi die Stiftungsprofessur mit einer Million Franken. Nächst-grösster Geldgeber ist der anthroposophische Kosmetik- und Pharmakonzern Weleda mit 575'000 Franken, gefolgt von der Firma Software AG mit 550'000 Franken, eine der treibenden Kräfte der «Akademisierung anthroposophischer Therapieformen».
Die restlichen 575'000 Franken bringen weitere anthroposophische Institutionen auf, heisst es weiter. Auch die Firma Wala Heilmittel steuere 100'000 Franken bei. Ursprünglich hätte die Stiftungsprofessur «für integrative und anthroposophische Medizin» heissen sollen. Das «anthroposophisch» ist nun aber aus dem Titel gestrichen und durch das «translationale Komplementärmedizin» ersetzt.
Komplementärmedizin gehört zum Tagesgeschäft
In den Stiftungsverträgen, die der Zeitung vorliegt, rechtfertigt sich die Universität, dass es von Volk und Gesetzgeber erwünscht sei, Komplementärmedizin zu erforschen und zu lehren. Am Ende heisst es aber, dass der Lehrstuhl sich an das anthroposophische Modell zu halten habe.
Christoph Meier, Departementsleiter der Pharmazie der Uni Basel, sagt gegenüber der «bz Basel»: «Indem die Professur in den Forschungsbetrieb eingebunden wird, bieten wir keine Hand zur Scharlatanerie.» Sein Departement stehe hinter der Professur. Und es sei wichtig, dass Komplementärmedizin nach wissenschaftlichen Standards erforscht würden. Für Pharmazeuten und Mediziner gehöre es zum Tagesgeschäft.