Keine Seltenheit: Ärzte, die sich daneben benehmen

Von Ärzten und Ärztinnen wird oft besonders korrektes Verhalten erwartet. Eine Umfrage zeigt jedoch: Das ist Wunschdenken. Die Realität sieht anders aus.

, 27. April 2022 um 07:29
image
  • ärzte
  • spital
  • arbeitswelt
Abfällige Bemerkungen über Patienten und sexistische Kommentare gehören zum Arbeitsalltag: Wer das hört, kommt kaum als erstes darauf, dass es gerade Ärzte und Ärztinnen sind, die sich häufig so daneben benehmen. Doch eine Online-Umfrage des deutschen Gesundheitsportals Medscape zeigt: Von 1100 Teilnehmenden hat ein Drittel schon erlebt, dass Ärzte ausgerastet sind oder andere beleidigten.

Sind Chefärzte besonders narzisstisch?

Besonders bei Chefärzten fällt solches Verhalten offenbar auf: «Es finden sich auffallend viele narzisstische und manipulative Menschen in diesen Positionen», schrieb eine Ärztin aus der Psychiatrie, die an der Umfrage teilgenommen hat.
Erlebt haben die Umfrage-Teilnehmenden, dass Ärzte und Ärztinnen sich über andere lustig machen, jemanden verunglimpfen, rassistische Ausdrücke brauchen, lügen oder andere belästigen.

Der Hauptgrund: Arroganz

Als häufigsten Grund für das beobachtete Fehlverhalten nennen die Betroffenen nicht etwa persönliche Problem oder Stress - diese Faktoren werden auch genannt - sondern schlicht: Arroganz.
Konkrete Beispiele von Fehlverhalten wurden viele genannt: Eine türkische Kardiologin hat zu hören bekommen, dass sie eher am Herd stehen, ihrem Mann dienen und Kinder gebären sollte, anstatt ärztliche Tätigkeiten auszuführen. Auch ältere Ärzte werden offenbar häufig verunglimpft.

Drei Viertel der Übeltäter sind Männer

Einem Neurologen ist aufgefallen, dass Kollegen abfällige Bemerkungen über das Körpergewicht und das Aussehen anderer gemacht haben. Die Umfrage zeigt deutlich, dass die Übeltäter in drei Viertel der Fälle Männer sind.
Viele Betroffene reagieren in in solchen Fällen, indem sie direkt mit der Person über deren schlechtes Benehmen sprechen. Einige informieren auch ihre Vorgesetzten. Über 40 Prozent fänden es gut, wenn die Personen mündlich verwarnt würden.

Auch sehr selbstkritisch

Überraschend viele Umfrageteilnehmer sehen auch Fehler in ihrem eigenen Verhalten: Jeder Fünfte sagt, er habe sich als Arzt oder als Ärztin auch schon unangemessen verhalten, sei es irrtümlich oder wissentlich.
Eine weitere Erkenntnis der Umfrage ist: Auch im Privatleben verhalten sich Ärzte nicht besser als ihre Mitmenschen. Viele lästern offenbar gerne hinter dem Rücken anderer. Auch unangemessenes Verhalten nach zu viel Alkohol, die Teilnahme an Querdenkerdemos und Kommentare mit fehlerhaften Infos in Internet-Foren werden kritisiert.

Selfies im Ops: Geht gar nicht

Eher selten, aber doch ab und zu, wurden Ärzte schon dabei beobachtet, dass sie in unpassenden Momenten – etwa im Operationssaal oder im Leichenschauhaus – ein Selfie oder ein Foto machen. Etwas häufiger geraten unangemessene Bilder von Partys oder den Ferien in die Kritik. Immerhin ein Viertel findet, dass Ärzte und Ärztinnen keine Bilder von sich in Badekleidern auf sozialen Medien veröffentlichen sollten.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Sagen Sie es uns: Welches Spital soll geschlossen werden?

Regelmässig hört man, die Schweiz solle auf Spitäler verzichten. Also gut: Werden wir konkret. Welche Häuser sollen weg? Medinside sucht die Namen.

image

Treuhand und Trustcenter unter einem Dach - Exklusives Angebot für neue Kundinnen und Kunden

Das Trustcenter der hawadoc AG ist mit über 1000 zufriedenen Kundinnen und Kunden längst eine Erfolgsgeschichte. Darauf sind wir stolz. Wir möchten Ihnen eine bedeutende Facette unseres umfassenden Angebots vorstellen: Treuhand und Trustcenter unter einem Dach vereint.

image

Zürich: Kein Ausbau bei den Medizin-Studienplätzen

An der Universität können nächstes Jahr 380 junge Leute ein Studium der Humanmedizin einschliesslich Chiropraktik beginnen.

image

CHUV: Die Zahlen sind rot – aber immerhin nicht röter

Beim Lausanner Universitätsspital soll eine Taskforce nun helfen, das finanzielle Gleichgewicht wieder zu erlangen.

image

Rehab Basel sucht einen neuen Direktor

Stephan Bachmann verlässt die Klinik für Neurorehabilitation und Paraplegiologie per Mitte 2025.

image

USZ: Neue Direktorin am Institut für Anästhesiologie

Sina Coldewey übernimmt per Anfang 2025 das Institut für Anästhesiologie und Perioperative Medizin.

Vom gleichen Autor

image

SVAR: Neu kann der Rettungsdienst innert zwei Minuten ausrücken

Vom neuen Standort in Hundwil ist das Appenzeller Rettungsteam fünf Prozent schneller vor Ort als früher von Herisau.

image

Kantonsspital Glarus ermuntert Patienten zu 900 Schritten

Von der Physiotherapie «verschrieben»: In Glarus sollen Patienten mindestens 500 Meter pro Tag zurücklegen.

image

Notfall des See-Spitals war stark ausgelastet

Die Schliessung des Spitals in Kilchberg zeigt Wirkung: Nun hat das Spital in Horgen mehr Patienten, macht aber doch ein Defizit.