Ostertage sorgten für Rückgang der Infektionen – aber nur auf den ersten Blick

Die Zahl der positiven Corona-Tests in der Schweiz ist stark am Sinken. Wirklich? Einer der Gründe für den Rückgang ist simpel: Über Ostern wurde weniger getestet.

, 15. April 2020 um 14:31
image
  • politik
  • coronavirus
  • forschung
  • trends
Die Zahl der neuinfizierten Covid-19-Patienten nimmt rasant ab. Zumindest lässt einen das die Statistik der neu bestätigten Fälle glauben. Die Zahl der Neuansteckungen hat sich über Ostern halbiert. Doch heisst das, dass sich die Situation über die Feiertage tatsächlich so stark verbessert hat?

Anderer Verlauf, wenn auch die Anzahl durchgeführter Test miteinbezogen wird

«Nicht unbedingt», sagt die Mathematikerin Anja Mühlemann von der Universität Bern. «Damit sich überzeugend schliessen lässt, dass die Neuansteckungen zurückgehen, müssten viele zusätzliche Informationen einfliessen», gibt sie zu bedenken. So hängt die Anzahl positiver Tests beispielsweise von der Anzahl durchgeführter Tests ab.
Deshalb hat Anja Mühlemann für Medinside die Anzahl der positiven Tests mit Hilfe der geschätzten Anzahl durchgeführter Tests gemittelt. «So sieht der Verlauf anders aus. Statt einer deutlichen Abnahme deutet die Grafik auf eine Stagnation oder eine schwache Abnahme hin», sagt sie. Wir stehen derzeit bei einer Rate von etwa 0,12 positiver Tests. Das heisst: Pro 100 Tests fallen 12 positiv aus.

Auch BAG glaubt nicht an massiven Rückgang

Auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) führt den derzeit starken Rückgang vor allem auf die geringere Testzahl am Wochenende zurück: «An den Wochenenden lassen sich weniger Leute testen. Und Testresultate vom Wochenende treffen zum Teil später ein», sagte Patrick Mathys vom BAG gestern vor den Medien.
Er bestätigt allerdings auch, was Anja Mühlemann aufgrund der Korrelation zwischen positiven Tests und der gesamten Testzahl festgestellt hat: Die Zahl der Neuinfizierten ist leicht am Abnehmen.

Der Grund für die geringere Anzahl Tests ist unbekannt

Anja Mühlemann betont: Auch die Grafik, welche die Anzahl der vorgenommenen Tests miteinbezieht, sei nicht über alle Zweifel erhaben. So sei nur die ungefähre Anzahl der durchgeführten Tests bekannt. Unbekannt sei auch, weshalb die Anzahl durchgeführter Tests von Tag zu Tag so stark variiert.
Wurde tatsächlich wegen der Feiertage weniger getestet? Oder weisen auch weniger Personen Symptome auf und werden auch deshalb weniger Tests durchgeführt? In diesem Fall wäre tatsächlich eine Besserung zu erwarten.
image
Diese Grafik zeigt die bestätigten Fälle seit dem 25. März: So sehen die Fallzahlen aus, die dem täglichen Situationsbericht des BAG entnommen sind. | Grafik: Anja Mühlemann, Quelle: BAG
image
Seit dem 25. März publiziert das BAG die ungefähre Anzahl der durchgeführten Tests. Die Zahlen sind teilweise gerundet. Es kann ausserdem vorkommen, dass gewisse Personen mehrfach getestet werden. | Grafik: Anja Mühlemann, Quelle: BAG
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Wallis: Kein Geld fürs Gesundheitspersonal

Der Kanton Wallis muss sparen - deshalb soll es keinen Teuerungsausgleich fürs Gesundheitspersonal geben. Dagegen formiert sich Widerstand.

image

200 Millionen Franken für Femhealth-Projekte

Seit 2021 fördert der Akzelerator Tech4Eva Startups für die Gesundheit der Frau. Dabei zeigt sich, wie sehr dieses Thema im Trend liegt.

image

Deshalb lassen Spitäler keine Drohnen mehr fliegen

Die Schweizer Spitäler haben ihre Drohnentransport-Projekte begraben. Nur das Labor Risch fliegt noch.

image

Der Kanton Zürich mausert sich zum Digital-Health-Standort

Die kantonale Standortförderung listet 120 E-Health-Firmen auf – und meldet dabei ein solides Wachstum. Dies obwohl die Finanzierung im internationalen Vergleich eher mager ist.

image
Gastbeitrag von Andri Silberschmidt

Koordinierte Netzwerke stärken statt verstaatlichen

Es braucht keinen neuen Leistungserbringer «koordinierte Versorgung». Zuerst sollten wir die bereits beschlossenen Kostendämpfungs-Massnahmen wirken lassen.

image

BAB: Natalie Rickli zieht die Reissleine

Die Zürcher Amt für Gesundheit plante, für das Spitex-Pflegepersonal breitgefächert Berufsausübungs-Bewilligungen zu verlangen. Nun ist der Vorgang sistiert.

Vom gleichen Autor

image

«Hausarzt ist kein Beruf, den man subventionieren muss»

Ein Arzt macht vor, wie eine Berggemeinde zu medizinischer Versorgung kommt. Und er kritisiert Kollegen, die einfach ihre Praxis schliessen.

image

Pflegefachleute verschreiben so sachkundig wie Ärzte

Das dürfte das Pflegepersonal freuen: Es stellt laut einer US-Studie genauso kompetent Arzneimittel-Rezepte aus wie Ärzte.

image

Temporär-Arbeit in der Pflege: Ein Angebot mit Haken

Es gibt gute Gründe für Pflegefachleute, sich nur noch temporär anstellen zu lassen. Aber es gibt auch ein paar gute Argumente dagegen.