Spitäler werben um Nicht-Corona-Patienten

Die Betten und Operationssäle vieler Spitäler sind leer wie noch nie. Nun fordern immer mehr Spitäler die Patienten dazu auf, sich endlich wieder behandeln zu lassen.

, 15. April 2020 um 04:00
image
  • spital
  • hirslanden
  • swiss medical network
  • coronavirus
In der Klinik Birshof stehen derzeit 8 von 10 Betten leer. Kein Wunder: Die zu Hirslanden gehörende Privatklinik ist auf orthopädische Operationen spezialisiert. Abgesehen von einigen Notfall-Operationen nach Unfällen sind das in der Regel aufschiebbare Eingriffe. Und solche sind den Spitälern derzeit verwehrt.

Weniger Bypässe und weniger Krebsoperationen

Die Klinik Birshof ist nicht die einzige, die unter dem Corona-Ausnahmezustand leidet. «Insbesondere in den kleinen Kliniken, wo vorwiegend Wahloperationen durchgeführt werden, ist die Auslastung sehr tief», sagt Hirslanden-Sprecher Claude Kaufmann auf Anfrage von Medinside.
«Wir verzeichnen einen Rückgang von Bypass-Operationen und Tumoroperationen. Ausserdem gibt es auch weniger Konsultationen von Patienten mit akuten Schmerzzuständen», sagt Kaufmann. Auch die Konsultationen auf den Notfallstationen haben abgenommen.

Kliniken hätten trotz Corona-Bereitschaft noch viel Kapazität

Claude Kaufmann macht keinen Hehl daraus, dass die Kliniken durchaus Ressourcen hätten für geplante Operationen – trotz Bereitstellung von Kapazitäten für Covid-19-Patienten. Gleich tönt es bei der zweitgrössten Privatklinik-Gruppe, Swiss Medical Network (SMN): «Wir haben noch Kapazitäten, und zwar in allen unseren Kliniken», sagt deren Sprecherin Zeynep Ersan Berdoz.
Während man bei Hirslanden vermutet, dass viele Patienten verunsichert sind, ob sie überhaupt eine Behandlung erhalten würden, oder sogar aus Angst vor einer Ansteckung nicht ins Spital möchten, ist man bei SMN überzeugt: «Die Patienten vertrauen den Ärzten und Kliniken, dass sie angemessene Vorsichtsmassnahmen treffen.» Das Problem sei vor allem der Bund, der Wahloperationen zu strikt verbiete.

SMN wäre allzeit bereit - falls Pandemie aufflackern würde

«Eine Anpassung dieser Vorkehrungen scheint nötig», finden die Verantwortlichen von SMN. Sie betonen, dass dadurch der Kampf gegen die Pandemie nicht beeinträchtigt werde. Denn SMN kann laut eigenen Angaben «in jeder ihrer 21 Kliniken und auch in den ambulanten Zentren bei einem Wiederaufflammen der Epidemie innerhalb von 24 bis 48 Stunden Kapazitäten freimachen.»
Sowohl SMN als auch Hirslanden wollen so schnell wie möglich wieder auch solche Patienten behandeln, die nicht von der Pandemie betroffen sind. Hirslanden sorgt sich, dass sonst zu viele Patienten Eingriffe und Behandlungen aufschieben und Gefahr laufen, dass sich ihr Zustand verschlechtert oder bei einem zu spät erfolgten Eingriff Komplikationen auftreten.

Kliniken möchten nun möglichst schnell die Erlaubnis des Bundes

Auch SMN warnt vor den Risiken, die sich ergeben könnten, wenn Operationen aufgeschoben werden. SMN betont deshalb, dass die Kliniken bereit wären, ihre Tätigkeit schrittweise wieder aufzunehmen, sobald das der Bund bewillige. Wieviel die Pandemie die beiden Privatklinik-Gruppen kostet, können diese noch nicht beziffern. Beide haben Kurzarbeit eingeführt.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

GZO Spital Wetzikon: Definitive Nachlassstundung bewilligt

Damit wird dem Spital Wetzikon die benötigte Zeit eingeräumt, um das Sanierungskonzept anzugehen.

image

Das MediData-Netz: Damit alle profitieren

Die Digitalisierung im Gesundheitssystem ist dringend und bringt Vorteile für Health Professionals und Patient:innen. Die Standardisierung des Forums Datenaustauschs ermöglicht eine sichere Vernetzung und effiziente Prozesse. Das MediData-Netz ermöglicht die schnelle Implementierung neuer Lösungen.

image

Gesundheitsfördernde Materialien gesucht?

Die Wahl passender Materialien ist bei Neu- und Umbauten eine grosse Herausforderung – auch im Gesundheitsbereich. Denn diese müssen unterschiedlichen und hohen Anforderungen gerecht werden. Nicht immer ist das jahrelang Eingesetzte die beste Wahl und neue Alternativen haben es schwer.

image

Spitäler Schaffhausen: Gesamterneuerung teurer, Kosten bei 330 Millionen Franken

Dabei soll der Kanton insgesamt 130 Millionen Franken beitragen.

image

Nachhaltiger Neubau in Arlesheim: Fast alles aus Holz

Der Neubau der Klinik Arlesheim setzt auf nachhaltigen Holzbau. Mit modernster Architektur und ökologischen Materialien entsteht ein einzigartiges Gebäude, das Gesundheit und Umwelt vereint. Ein Projekt, das für die Zukunft der medizinischen Versorgung steht.

image

Spital Thusis: Zwischen Status Quo und Leistungsabbau

Soll das Spital Thusis in der heutigen Form erhalten bleiben – oder sich auf Kernbereiche beschränken? Dies die vorliegenden Szenarien. Ein Entscheid soll bis Mai 2025 fallen.

Vom gleichen Autor

image

«Hausarzt ist kein Beruf, den man subventionieren muss»

Ein Arzt macht vor, wie eine Berggemeinde zu medizinischer Versorgung kommt. Und er kritisiert Kollegen, die einfach ihre Praxis schliessen.

image

Pflegefachleute verschreiben so sachkundig wie Ärzte

Das dürfte das Pflegepersonal freuen: Es stellt laut einer US-Studie genauso kompetent Arzneimittel-Rezepte aus wie Ärzte.

image

Temporär-Arbeit in der Pflege: Ein Angebot mit Haken

Es gibt gute Gründe für Pflegefachleute, sich nur noch temporär anstellen zu lassen. Aber es gibt auch ein paar gute Argumente dagegen.