Spitalversicherung für stationäre und ambulante Eingriffe?

Werden künftig bei den Spitalversicherungen privat und halbprivat auch ambulante Leistungen versichert sein? Swica will es prüfen. Es könnte die Rettung sein.

, 24. August 2021 um 09:02
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Swica hat derzeit rund 200'000 Kunden mit einer Spitalversicherung für halbprivate und private Behandlungen. | PD
«Swica handelt Spitalverträge neu aus». Die Medienmitteilung des Winterthurer Krankenversicherers ist aus zwei Gründen bemerkenswert. Erstens ist Swica mit ihren 200’000 Kunden einer privaten oder halbprivaten Spitalversicherung nie damit aufgefallen, mit Kliniken in Tarifstreitigkeiten zu geraten. 
Zweitens steht in der Mitteilung, Swica prüfe mit ausgewählten Kliniken Angebote, die auch bei ambulanten Eingriffen weitere Wahlmöglichkeiten bieten.

Auslaufmodell Spitalversicherung

Eingeweihten ist das Problem bekannt: Mehr und mehr wird ambulant operiert. Zum Teil dank dem medizinischen Fortschritt, zum Teil auf behördlichen Zwang. Das ist einer von mehreren Gründen, weshalb Spitalversicherungen zunehmend an Attraktivität verlieren. Der Trend zu Zweibett- statt Vierer- und Sechserschläge ist ein anderer Grund. Nicht umsonst gelten besagte Spitalversicherungen als Auslaufmodell.
Der Einbezug ambulanter Leistungen könnte die «Rettung» sein. Der Konjunktiv ist geboten, denn erst muss der Erfolgsnachweis erbracht werden. Halbprivat- und Privatversicherungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie die freie Spital- und Arztwahl ganze Schweiz garantieren – vielleicht abgesehen von Vertragsspitälern und anderen Ausreissern. Doch Swica spricht von «ausgewählten Kliniken».
Zudem ist die Winterthurer Gesundheitsorganisation mit dem Bemühen, ambulante Eingriffe mit einer Zusatzversicherung abzudecken, nicht die erste. Vor acht Jahren lancierte Marktführer Helsana mit Primeo ein Produkt, das die freie Arztwahl im ambulanten Bereich garantiert.

Freie Arztwahl für ambulante Eingriffe? 

«Dank moderner Spitzenmedizin können immer mehr Operationen ambulant durchgeführt werden», sagte Helsana damals gegenüber der Berner Zeitung. Der Kommunikationschef dachte dabei an Hallux, Leistenbruch, Mandelentfernung, Sehnenscheidenentzündung, Tennisarm oder Kniegelenkspiegelung. Bei solchen Eingriffen sei es ein Vorteil, wenn man den ausgewiesenen Facharzt im Spital frei wählen könne und die Garantie erhalte, von diesem behandelt zu werden.
Experten äusserten sich damals positiv auf diese Innovation. Sie sprachen von einem Kundenbedürfnis und sagten Nachahmer voraus. Beides traf nicht zu. Primeo kam nie wirklich in Fahrt.  

Kein Primeo-Generika

Doch Swica will nicht ein eigenständiges Produkt für ambulante Eingriffe lancieren, sondern ambulante Leistungen in der konventionellen Spitalzusatzversicherung integrieren – zumindest bei ausgewählten Kliniken. Das wäre ein Ausbau des Leistungskatalogs. Wie aber Swica in ihrer Mitteilung schreibt, verfolgt sie mit den neuen Verträgen das Ziel, «die Prämien nachhaltig zu reduzieren und damit für die Kunden noch attraktiver zu machen.» Mehr Leistung für weniger Geld: Ob das aufgeht?
Swica hat die ersten Verträge im Juni 2021 gekündigt. Bis Anfang 2024 sollen alle Verträge neu verhandelt sein. 
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