Triemli und Waidspital als Hirslanden-Kliniken

Die Hirslanden-Gruppe offeriert, das Management der Zürcher Stadtspitäler zu übernehmen. Das ist wohl vor allem eine pfiffige PR-Aktion. Aber es steht auch mehr dahinter.

, 27. März 2017 um 05:00
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Hirslanden-Klinik Triemli? Das ist ja schon eine eher gewöhnungsbedürftige Vorstellung. Die Idee, dass eine Privatklinik-Gruppe das Management eines öffentlichen Spitals übernimmt, ist in der gesundheitspolitischen Debatte immer noch ein Randthema. Hirslanden-CEO Ole Wiesinger scheint nun aber Nägel mit Köpfen machen zu wollen: Dies deutet jedenfalls ein Brief an, aus dem die «NZZ am Sonntag» zitiert.
Das Schreiben richtet sich an die Zürcher Gesundheits-Vorsteherin Claudia Nielsen, und Hirslanden schlägt darin eine aktive Mitarbeit bei der geplanten Fusion der Zürcher Stadtspitäler vor. Triemli- und Waidspital sollen bekanntlich zusammengelegt werden – nachdem die beiden Häuser im letzten Jahr ein Defizit von zusammen 36 Millionen Franken eingefahren hatten.

Ein Beitrag zur Ersparnis

Ole Wiesinger verweist nun in seinem Brief darauf, dass Hirslanden «dank schlanken Strukturen» erfolgreich Kliniken führe, und zwar auch Kliniken mit einem hohen Anteil an Grundversicherten. Und so offeriere er zuhanden der sozialdemokratischen Stadträtin eine breite Palette – von einzelnen Kooperationsprojekten bis zum Management der Stadtspitäler. Man wolle dazu beitragen, dass Zürich nicht jedes Jahr gewaltige Steuermittel in seine Spitäler stecken müsse, zitiert die NZZaS weiter.
Wie ernst das Angebot momentan gemeint ist, bleibt dahingestellt. Wiesingers Vorschlag könnte vor allem als politischer Wink gedacht, nachdem die Zürcher Hirslanden-Klinik wegen ihres hohen Anteils an Zusatzversicherten unter Druck geraten war: der Vorschlag als Reminder, dass die Klinikgruppe diverse Häuser führt und auch führen kann – selbst mit starkem Grundversorgungs-Anteil.
Schwer vorstellbar jedenfalls, dass die sozialdemokratisch geprägte Zürcher Stadtregierung das Angebot ernsthaft in Erwägung ziehen wird.

Winterthur, Neuenburg, Jura

Andererseits ist die Kernidee nicht neu und im Grunde ernst gemeint: Sie besagt, dass selbst Kantonsspitäler von einer völlig privaten Betriebsgesellschaft geführt werden könnten. Hirslanden-Kommunikationschef Frank Nehlig erinnerte in der «NZZ am Sonntag» daran, dass die Klinikgruppe schon mehrfach versuchte, öffentliche Spitäler zu betreiben oder zu führen. So gab es ein Projekt im Kanton Glarus, das aber nicht weiterverfolgt wurde.
Bekannt ist auch, dass Aevis Victoria beziehungsweise Swiss Medical Network schon diverse Male in dieser Richtung aktiv wurde. Mehrfach bekundeten SMN-Vertreter ihr Interesse, dereinst das Kantonsspital Winterthur zu führen oder gar als Käufer einzusteigen. In Neuenburg signalisierte die zweitgrösste Spitalgruppe ebenfalls ihren Wunsch, bei der Reorganisation der Kantonsspital-Gruppe einbezogen zu werden (siehe auch hier).


Antoine Hubert, der starke Mann von Aevis Victoria, erinnerte im Februar im Gespräch mit «L'Express» daran, dass die SMN-Gruppe innert 14 Jahren 16 Kliniken übernommen hat. «Wir haben also eine gewisse Erfahrung mit Restrukturierungen». 

Immobilienfirmen, Managementfirmen

Gemeinsam mit dem Hôpital du Jura bernois startete Swiss Medical Network ferner ein Radiologie-Institut. Und seit knapp zwei Jahren sucht das Privatunternehmen gemeinsam mit dem jurassischen Kantonsspital Ideen für gemeinsame neue Spitalangebote. Eine Idee dabei: Die gemeinsame Entwicklung eines Pflegezentrums mit Notfallangebot. Raymond Loretan, der Präsident von SMN, verriet auch offen, dass man interessiert sei, sich am geplanten Neubau des Kantonsspitals in Delémont zu beteiligen.
Im Hintergrund steht eine grundsätzliche Tendenz zu «Public-Private-Partnerships» einerseits – und andererseits zu einer Aufspaltung der traditionellen, örtlich definierten Spitalstrukturen. Laut einer Studie der Beratungsfirma PwC werden die Spitäler selber dereinst wohl vorwiegend spezialisierten Immobiliengesellschaften gehören. Auf der anderen Seite sichern Management-Gesellschaften den Betrieb – wobei diese Gesellschaft aber kaum nur noch einen Standort betreiben dürften.  
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