Corona: Paolo Ferrari widerspricht Daniel Koch

Paolo Ferrari, der Leiter beim Tessiner Spitalverband Ente Ospedaliero Cantonale (EOC), sieht die Lage im Südkanton nicht so dramatisch.

, 21. März 2020 um 17:24
image
  • spital
  • coronavirus
«Die Situation im Tessin ist dramatisch», sagt Daniel Koch, der oberste Bekämpfer der Corona-Epidemie. Schon am Montag könnten die Tessiner Intensivstationen voll belegt und damit am Anschlag sein.
Paolo Ferrari, der Leiter medizinischer Bereich der Kantonsspitäler Tessin, widerspricht: «Wir sind längst noch nicht am Anschlag. Und zwar weder mit Intensivbetten noch mit normalen Abteilungsbetten für Coronavirus-Erkrankte», so Ferrari in der NZZ.

«Wir stocken laufend auf»

Die Tessiner Kantonsspitäler hätten sich frühzeitig auf diese Epidemie vorbereitet. Das La Carità in Locarna sei auf die Behandlung von Coronavirus-Patienten umgerüstet worden. Auch die private Clinica Moncucco in Lugano erhöhte ihre Bettenkapazität für Corona-Patienten. «Wir stocken laufend auf.»
Laut Paolo Ferrari sind die Tessiner Intensivstationen für Coronavirus-Patienten derzeit zu 70 Prozent ausgelastet, die für diese Patienten reservierten Abteilungsbetten zur Hälfte. Es seien 161 Patienten auf der normalen Abteilung und 33 Patienten auf der Intensivstation hospitalisiert. 

«Wir sind bereit»

Seit Samstag seien über 462 normale Betten und 60 Betten auf der Intensivstation für Covid-19-Patienten verfügbar. «Nächste Woche werden wir auf 452 reguläre Betten und auf der Intensivstation auf 99 Betten aufgestockt haben. Wir sind also bereit», beschwichtigt Paolo Ferrari am Samstag in der NZZ.
Im Tessin rechnet man damit, auf dem Höhepunkt der Epidemie zwischen 400 bis 600 Patienten behandeln zu müssen. Davon etwa 80 Personen auf der Intensivstation, weitere 20 könnten eine beschränkte Intensivbehandlung bekommen. 
Der medizinische Direktor vermittelt generell den Eindruck, dass man sich eher für die Deutschschweiz denn für die Südschweiz Sorgen machen müsste. Die übrige Schweiz dürfte genau das Gleiche erleben wie das Tessin. «Also sollte man sich jetzt lieber Sorgen darüber machen, wie sich der Rest der Schweiz auf die Epidemie vorbereitet.» Punkto Verteilung der Intensivbetten pro Kopf sei man im Tessin sogar besser ausgerüstet als im Rest der Schweiz.

Hilft das Tessin der Deutschschweiz aus der Patsche?

Wie Paolo Ferrari im Interview mit der NZZ weiter ausführte, glaubt er nicht daran, dass die anderen Kantone dem Tessin helfen könnten. Im Gegenteil: Die Frage müsste umgekehrt gestellt werden:  «Was werden die anderen Kantone tun, wenn deren Spitäler an ihre Grenzen stossen? Werden sie Patienten zu uns ins Tessin schicken?»
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

GZO Spital Wetzikon: Definitive Nachlassstundung bewilligt

Damit wird dem Spital Wetzikon die benötigte Zeit eingeräumt, um das Sanierungskonzept anzugehen.

image

Das MediData-Netz: Damit alle profitieren

Die Digitalisierung im Gesundheitssystem ist dringend und bringt Vorteile für Health Professionals und Patient:innen. Die Standardisierung des Forums Datenaustauschs ermöglicht eine sichere Vernetzung und effiziente Prozesse. Das MediData-Netz ermöglicht die schnelle Implementierung neuer Lösungen.

image

Gesundheitsfördernde Materialien gesucht?

Die Wahl passender Materialien ist bei Neu- und Umbauten eine grosse Herausforderung – auch im Gesundheitsbereich. Denn diese müssen unterschiedlichen und hohen Anforderungen gerecht werden. Nicht immer ist das jahrelang Eingesetzte die beste Wahl und neue Alternativen haben es schwer.

image

Spitäler Schaffhausen: Gesamterneuerung teurer, Kosten bei 330 Millionen Franken

Dabei soll der Kanton insgesamt 130 Millionen Franken beitragen.

image

Nachhaltiger Neubau in Arlesheim: Fast alles aus Holz

Der Neubau der Klinik Arlesheim setzt auf nachhaltigen Holzbau. Mit modernster Architektur und ökologischen Materialien entsteht ein einzigartiges Gebäude, das Gesundheit und Umwelt vereint. Ein Projekt, das für die Zukunft der medizinischen Versorgung steht.

image

Spital Thusis: Zwischen Status Quo und Leistungsabbau

Soll das Spital Thusis in der heutigen Form erhalten bleiben – oder sich auf Kernbereiche beschränken? Dies die vorliegenden Szenarien. Ein Entscheid soll bis Mai 2025 fallen.

Vom gleichen Autor

image

«Kritiker der Komplementärmedizin haben eine zu einseitige Sicht»

SP-Ständerätin Franziska Roth kritisiert im Interview die Haltung von Gegnern der Komplementärmedizin. Sie verkennen den Wert der ärztlichen Expertise.

image

Physiotherapie: Die Stolpersteine im Tarifstreit

Wie weiter im Tarifstreit in der Physiobranche? Die Frage ist: Welcher Streit – jener über die Tarifstruktur oder jener über den Preis?

image

So funktioniert die Sterbehilfe in Europa

In mehreren Ländern Europas ist die Sterbehilfe entkriminalisiert worden. Ein Überblick.