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«Meineimpfungen wird europaweit als Leuchtturm-Projekt anerkannt.»

Der elektronische Impfausweis ist die erfolgreichste E-Health-Anwendung der Schweiz. Hannes Boesch, Stiftungsrat der Trägerstiftung, spricht im Interview über Stolpersteine, Wachstumspotenziale und das Gebot einer nutzenorientierten Digitalisierung im Gesundheitswesen.

, 20. August 2019 um 11:14
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HIN: Herr Boesch, seit 2018 hat die Anzahl registrierter elektronischer Impfausweise auf meineimpfungen.chmeineimpfungen.ch markant zugenommen. Worauf führen Sie das zurück?Hannes Boesch: Meineimpfungen hat seit Mitte 2018 mit Fachpersonenkampagnen begonnen. Wir besuchen Praxen, um Fragen zum elektronischen Impfausweis zu beantworten und optimale Prozessabläufe zu besprechen. Ebenso helfen wir vor Ort bei der Konfiguration, damit bestehende Praxisstrukturen möglichst optimal in der Plattform meineimpfungen.ch abgebildet werden können. Diese Startunterstützung hat in den einzelnen Praxen und somit auch auf Ebene meineimpfungen eine Beschleunigung bewirkt. Zudem ist seit der Einführung des direkten HIN Zugangs die Zahl der Neuanmeldungen von Ärzten zusätzlich gestiegen, was wiederum eine Steigerung der Benutzerzahlen zur Folge hatte.
Welche Stolpersteine müssen Sie noch aus dem Weg räumen, damit der elektronische Impfausweis sich in der Breite durchsetzt?Ausschlaggebend ist die Akzeptanz bei den Fachpersonen. Jeder Schritt, der eine Vereinfachung bedeutet, führt zu einer besseren Akzeptanz des elektronischen Impfausweises. Wesentlich für den Arzt ist eine effiziente Bedienung, etwa dass er keine doppelten Eingaben machen muss. Daher ist es entscheidend, dass der elektronische Impfausweis nahtlos in die Praxissoftware integriert ist. Hier sind somit auch die Softwarehersteller gefordert: Schnittstellen zur Anbindung an die Plattform meineimpfungen.ch sind seit längerem vorhanden. Jede Integrationsbemühung ist direkt erfolgswirksam.
Inwiefern lassen sich durch den elektronischen Impfausweis die Qualität der Dokumentation und der Behandlung verbessern?Die Dokumentation des Impfstatus – ob auf Papier oder elektronisch – ist wesentlich für die Entscheidung, welche Impfungen zu welchem Zeitpunkt fällig sind. Ist sie vollständig, können falsche oder unnötige Impfungen vermieden werden. Hier bietet meineimpfungen einige Vorteile gegenüber dem herkömmlichen Papierausweis. Da die Daten digital standardisiert vorliegen, werden sie automatisiert mit den aktuellen Impfplänen abgeglichen. Kombiniert mit medizinischen und expositionsbedingten Risiken des Patienten sowie einer Reihe weiterer Faktoren entsteht eine Informationstiefe, die qualitativ hochstehende Impfempfehlungen ermöglicht. Und ganz banal, aber nicht zu unterschätzen: Der elektronische Ausweis geht nicht verloren. Er ist immer und überall verfügbar.
Heute sind über 230 000 Dossiers, 5 Millionen Impfungen und 8 500 Gesundheitsfachpersonen bei meineimpfungen registriert. Das Potenzial ist aber bei 8,3 Millionen Versicherten noch sehr gross. Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung und was sind Ihre Ziele für die Zukunft?Wirklich zufrieden sind wir, wenn das millionste elektronische Impfdossier auf meineimpfungen.ch eröffnet wird! Wir sind uns gerade in der jetzigen Phase bewusst, wie wichtig es ist, die Ärztinnen und Ärzte operativ an Bord zu holen, damit der steigenden Zahl der Bürger mit elektronischem Impfausweis entsprochen werden kann. Die diesbezüglich neusten Entwicklungen zeigen einen klaren Aufwärtstrend. Mit anderen Worten: Eine erste, spürbare Welle auf der Patientenseite rollt an. Es ist jetzt Planen und Handeln auf der Ebene Praxis angesagt. Wir sehen auch, dass die Apotheker diesen Trend erkennen und ebenfalls aktiv werden.
Von den Grössenordnungen Ihres Projekts sind viele andere «E-Health-Anwendungen» noch weit entfernt. Was macht das Besondere an meineimpfungen aus?Ganz wichtig ist das Erkennen des Nutzens. Dies gilt für den Arzt ebenso wie für den Patienten. In diesem Punkt ist meineimpfungen.ch sehr gut positioniert. Ebenso ist die Freiwilligkeit ausschlaggebend. Ein System kann nur erfolgreich werden, wenn es organisch wachsen kann und Anforderungen schnell erkannt und umgesetzt werden können. Ein reines Abspeichern von medizinischen Daten bringt in vielen Fällen keinen echten Nutzen; erst ein müheloses, schnelles Konsolidieren und Herausziehen von Erkenntnissen aus dem «Datenberg» (zum Beispiel eine Impfempfehlung auf Knopfdruck) bringt der Fachperson und dem Patienten einen echten Gewinn.
Es gibt bereits etliche Schnittstellen von meineimpfungen etwa zu Praxissoftwares. Gibt es Pläne für weitere Anbindungen?Meineimpfungen hat auch diesbezüglich seine Hausaufgaben gemacht. Die Plattform kann die Daten eines Impfdossiers an andere Systeme weitergeben – sowohl auf Dokumentenebene wie auch auf Objektebene. Objektebene bedeutet etwas vereinfacht «in Einzelteilen». So können «Äpfel mit Äpfeln und Birnen mit Birnen verglichen werden». Das heisst, zwischen zwei Systemen kann automatisiert synchronisiert werden; was wiederum zu einer schnellen, automatisierten Konsolidierung und Auswertung der Daten, sprich Nutzen, führt. Die EPD-Plattform von AD Swiss ist im Aufbau, meineimpfungen.ch in die Schweizerischen EPD-Strukturen zu überführen. Patienten können dann die Impfdaten auch in ihrem elektronischen Patientendossier hinterlegen.
Wenn der Durchbruch beim elektronischen Impfausweis geschafft ist: Haben Sie Pläne für die Erweiterung des Funktionsumfangs? Oder anders gefragt: Könnte man das Prinzip von meineimpfungen auch auf andere Behandlungsmethoden ausweiten?Es ist wichtig, unaufhörlich weitere Erkenntnisse mit meineimpfungen zu sammeln. Denn der Anforderungskatalog der Benutzenden erweitert sich mit der der Hochskalierung der Plattform. Als nächstes möchten wir zum Beispiel die Pädiater stärker einbinden. Dies bedeutet, spezifische Funktionalität für ihren Bereich zu entwickeln. Die vorgegebenen Impfschemen für Kleinkinder lassen eine vereinfachte Bedienung zu. Aber um den gesamten Prozess – inklusive Eröffnung des Impfkontos – zu beschleunigen, bereiten wir zusammen mit der iQey-Entwicklung der Firma Arpage AG ein lokal aufrufbares Prozessbeschleunigungs-Werkzeug vor. Zur Frage, ob Ideen von meineimpfungen auf andere eHealth-Fälle angewendet werden können, darf ich zuversichtlich ja sagen. Überall wo medizinische, soziale und technische Kompetenz gemeinsam und permanent in ein Projekt einfliessen, steigen die Erfolgschancen bedeutend.
Während manche Leistungserbringer schon weitgehend «digitalisiert» arbeiten, halten andere sich immer noch zurück. Wie wollen Sie Skeptiker überzeugen?Anhand der rund 8 500 angemeldeten Fachpersonen (davon zwei Drittel Ärzte, ein Drittel Apotheker) sehen wir, dass eine breite Schicht den Entscheid, mitzumachen, gefällt hat. Der elektronische Impfausweis ist für Leistungserbringer eine gute Möglichkeit, Erfahrungen mit digitalen Lösungen zu machen. Das zeigt sich darin, dass auch viele der sogenannten «Analog»-Ärzte im Bereich Impfen bereits «digital» unterwegs sind. Aber: Vom Entscheid bis zum täglichen Einsatz ist es für viele ein neuer Weg. Es sind die nötigen Abläufe und Prozesse in der Praxis einzuplanen.
Seit einigen Jahren macht das BAG jeweils während der Europäischen Impfwoche auf das Angebot von meineimpfungen aufmerksam. Spüren Sie einen Effekt auf die Nutzung des Angebots von meineimpfungen?Kampagnen wie die Europäische Impfwoche verhelfen meineimpfungen.ch dazu, in kurzer Zeit schnell zu wachsen. Zahlenmässig registrieren wir jeweils Faktor 3 bis 4 gegenüber dem normalen Wochendurchschnitt, und der Effekt hält über mehrere Wochen an. Dies zeigt aber auch, dass bei vielen Bürgern bereits ein Grundinteresse am elektronischen Impfausweis vorhanden ist, das mit einer einwöchigen Kampagne aktiviert werden kann!
Stichwort Europäische Impfwoche: Wo steht die Schweiz im Vergleich zu den Nachbarländern?Meineimpfungen wird europaweit als Leuchtturm-Projekt anerkannt. Dank des höchststehenden Clinical Decision Support System (CDSS) zur Generierung der Impfempfehlung, kombiniert mit der sicheren Datenhaltung, ist es in seinem Gebiet an vorderster Front. Ich möchte an dieser Stelle unbedingt die Arbeit von Frau Professor Claire-Anne Siegrist (Universitätsspital Genf) würdigen, die als medizinische Kapazität federführend dieses Projekt seit Beginn führt.
Meineimpfungen setzt auf die freiwillige Teilnahme von Patienten und Fachpersonen. Wäre es nicht sinnvoll, wenn die Schweiz den elektronischen Impfausweis für obligatorisch erklären würde?Das finde ich nicht. Wer bei meineimpfungen mitmacht, tut dies, weil er oder sie vom Nutzen überzeugt ist. Die Freiwilligkeit wird von den Benutzern positiv gewertet und basiert auf einer generellen Zustimmung zur Idee und Vision der Plattform. Ebenso unter Freiwilligkeit fällt die Gegebenheit, dass die eingegangenen Verpflichtungen für eine Fachperson klar absehbar sind. Ich bin überzeugt, dass E-Health-Projekte, die auf einen klaren und messbaren Nutzen fokussieren, auch ihre Nutzer finden werden. Eben weil sie sich als nützlich erweisen. 
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