1998 gab es in der Schweiz 46'000 Spitalbetten. 2015 waren es nur noch knapp 38'000. Und 2030? Laut den Ökonomen der Credit Suisse braucht die Schweiz bis 2030 wieder mehr Spitalbetten, und zwar 3 bis 4 Prozent mehr als heute.
Die Schätzung der Bankökonomen basiert auf der Annahme, dass die Nachfrage nach Spitaldienstleistungen weiter steigen wird. Dies als Folge der medizinisch-technischen Entwicklung, der demografischen Alterung sowie des Bevölkerungswachstums.
Gegenteilige Tendenzen
Allein aufgrund der genannten Faktoren würden die stationären Fallzahlen bis 2030 sogar um rund 25 Prozent zunehmen. Nur haben wir Tendenzen, die in die andere Richtung zeigen:
- die Verlagerung vom stationären in den ambulanten Bereich,
- der Verkürzung der Aufenthaltsdauer
- die Erhöhung der Bettenauslastung.
Wegen dieser drei Tendenzen wird also die Nachfrage nach Spitalbetten nicht um 25 Prozent, sondern lediglich 3 bis 4 Prozent steigen, war am Montag an einer Medienkonferenz der Credit Suisse zu erfahren.
Politik verhindert die Ambulantisierung
Wie ist das mit der vielgepriesenen Verlagerung vom stationären in den ambulanten Bereich? Das Beratungsunternehmen
PwC rechnete bekanntlich vor, dass über 200'000 Patienten, die heute noch stationär behandelt werden, bis 2030 ambulant betreut werden könnten.
Doch was medizinisch möglich ist, muss nicht auch politisch machbar sein.
«Die künftige Nachfrage nach Spitalbetten hängt im Wesentlichen vom Grad der Ambulantisierung ab»
.Heinz Locher, Gesundheitsökonom
«Die künftige Nachfrage nach Spitalbetten hängt im Wesentlichen vom Grad der Ambulantisierung ab», sagt Heinz Locher. So glaubt die CS auch nicht an diese 200'000 möglichen Fälle. «Wir gehen davon aus, dass zwei Drittel dieses Verlagerungsziel erreicht werden, was den Bedarf an stationären Betten um etwa 40'000 reduzieren würde», erklärte Studienautor Andreas Christen.
Investitionsvolumen: 16 Milliarden Franken
Nun wäre es interessant zu wissen, wie viele zusätzliche Spitalbetten geplant sind. Auch Andreas Christen weiss es nicht. Er weiss lediglich, dass gemäss öffentlich verfügbaren Quellen 16 Milliarden Franken für die Erstellung und Sanierung von Spitalbauten verplant sind. Ein grosser Teil davon dient der Erneuerung (siehe dazu die
Medinside-Liste der grossen Spital-Bauprojekte).
«Viele der heutigen Spitalgebäude wurden in den 1960er-, 1970er- oder 1980er-Jahren errichtet und sind sanierungsbedürftig, so dass Nachholbedarf besteht», so Christen. Doch mancherorts ist auch ein Ausbau der Bettenkapazität geplant. Im Kanton Zürich beispielsweise soll die Bettenkapazität bis 2025 um 10 Prozent erhöht werden. «Mancherorts ist gar von einem Wettrüsten die Rede», weiss Christen. Was zur Folge haben könnte, dass sich viel dieser geplanten Spitäler gar nicht kostendeckend betreiben liessen.
Neue Betten? Vergiss es
Thomas Straubhaar findet es völlig falsch, in der heutigen Zeit die Bettenkapazität zu erhöhen. «Wir müssen Behandlungszentren bauen und nicht Betten. Die Spitäler der Zukunft sind Behandlungsorte, nicht Aufenthaltsorte», meint der frühere Chef des Spitalamts im Kanton Bern. Straubhaar leitet derzeit die Klinik Lengg in Zürich. Im Juli wechselt er ins Siloah nach Gümligen bei Bern.