Im Nachbarland Deutschland ist derzeit erneut ein Streit um die Homöopathie entbrannt. Der Grund: Eine Gruppe Mediziner und Wissenschaftler hat vorgeschlagen, den Ärzten in Deutschland das Gütesiegel «Homöopathie» zu streichen. Dieser Tage soll sich nun auch der Deutsche Ärztetag mit der alternativmedizinischen Zusatzbezeichnung befassen.
«Der Ärztetag ist eine gute Gelegenheit, dem eigenen Anspruch an Wissenschaftlichkeit gerecht zu werden und endlich mit der Adelung der esoterischen Heilslehre Homöopathie Schluss zu machen», steht
auf der Webseite der Expertengruppe. Auch wenn Homöopathie im Wissenschaftsbetrieb präsent sei, sei sie nicht wissenschaftlich fundiert», heisst es weiter.
Befürworter: Mehr als «Voodoo-Rasseln»
Homöopathie-Gegner argumentieren generell, dass grosse internationale Wissenschaftsvereinigungen in klinischen Studien keine ausreichenden Belege für eine Wirksamkeit der Homöopathie feststellen konnten. Bei den Befürworter hingegen ist die Behandlung weit mehr als «Voodoo-Rasseln»: Die Methode sei ganzheitlich und wirke, das zeige die tägliche Praxis. Und auch sie ziehen irgendwelche Studien heran, die Heilerfolge nachweisen können.
Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) verweist bei der Debatte
gerne auf die Schweiz. Seit weniger als einem Jahr werden hier Leistungen der Komplementärmedizin von der Grundversicherung bezahlt. Einzige Bedingung: Ein Facharzt mit einer entsprechenden Weiterbildung muss die Zuckerkügelchen verschreiben. Homöopathie hat sich somit zu den KVG-Pflichtleistungen gesellt, die wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein sollten.
Was Homöopathie mit der Börse gemeinsam hat
Die Gesamtkosten für sämtliche gedeckten Alternativmethoden pro Jahr betragen laut Schätzungen zwischen 30 und 50 Millionen Franken. Das ist zwar ein Klacks angesichts der Gesundheitskosten von über 80 Milliarden Franken pro Jahr. Doch insbesondere die Homöopathie verursache nur unnötige Gesundheitskosten, sagen die Kritiker. Und die Verfechter weisen auf die Folgekosten hin: Weil Patienten zuerst erfolglos auf Alternativmedizin setzen und schulmedizinische Behandlungen zu spät oder gar nicht beginnen.
Kosten hin oder her: Was fehlt ist die herkömmliche wissenschaftliche Evidenz der Homöopathie, die über irgendein Placebo hinaus geht. Kein Mensch würde sich in ein Flugzeug setzen, wenn wissenschaftliche Nachweise bei der Flugsicherheit zu einer derart gespaltenen Klarheit führen würde. Wie auch immer: Die Zuckerkügelchen sind populär. Und es scheint für die Anbieter ein einträgliches Geschäft zu sein. Das Businessmodell erinnert ein wenig an die technische Analyse von Aktienkursen. Auch hier steht das Kundenbedürfnis über den wissenschaftlichen objektiven Kriterien, wenn Chartanalysten aus den Zickzack-Bewegungen Prognosen ableiten.
Ärzte wenden sich von Alternativmedizin ab
In der Schweiz glauben jedenfalls immer weniger schulmedizinisch ausgebildete Ärzte an die Homöopathie. Die FMH-Zulassungen für entsprechend tätige Ärzte sind seit über zehn Jahren rückläufig: Waren es im Jahr 2005 noch fast 300 Ärztinnen und Ärzte, sind es heute gerade noch rund 200. Obwohl die Anzahl der Ärzte in den letzten acht Jahren um über 6'700 Mediziner gewachsen ist.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den anderen Methoden. Es sieht so aus, dass sich Schulmediziner mehr und mehr von komplementärmedizinischen Angeboten verabschieden. So liegt das Geschäft hauptsächlich in den Händen der anderen Alternativmediziner, die mit zum teils höchst kreativen Behandlungsmethoden zusatzversicherte Patienten behandeln.
HNO-Arzt Lübbers entdeckte zehn Globuli-Kügelchen im Ohr eines vierjährigen Kindes. | Informationsnetzwerk Homöopathie
Jetzt kommt die «Globukalypse»
Ein Arzt, der Homöopathen den Kampf ansagt, ist der deutsche Mediziner Christian Lübbers. Der Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde mit Praxis in Oberbayern gehört zu den grossen Kritikern der Homöopathie, seit der 39-jährige zehn Globuli-Kügelchen im Ohr eines vierjährigen Kindes entdeckte. Das Mädchen war an einer eitrigen Mittelohrentzündung erkrankt.
Damals wäre Lübbers fast der Kragen geplatzt. Seitdem engagiert er sich
ehrenamtlich in der Aufklärung über die Homöopathie. «Meine Motivation als Arzt ist es, eine ehrliche Medizin für alle Patienten anzubieten.» So verführerisch die Ideen zur Homöopathie auch klingen mögen, erfahre er täglich leidvoll in der Praxis, dass Globuli bei Erkrankungen eben nicht helfen und keine Besserung bringen.
Auf der Plattform Twitter berichtet der Arzt aus Weilheim auf humorvolle Art über Homöopathie und deren Befürworter. Hier ein paar Müsterchen:
- Mehr Twitter-Nachrichten von Dr. Christian Lübbers finden Sie hier.