Die hohe Kadenz der durch Corona verursachten politischen Massnahmen und Entscheide machten einen schlagkräftigen Krisenstab in den Spitälern in den Jahren 2020/21 unabdingbar. Geschäftsleitungen und Kader aller Stufen waren einzigartig und vielfältig gefordert. Mit den rasanten Anstiegen der Fallzahlen im ersten Quartal sowie gegen Ende Jahr 2020 galt es einerseits, die Organisation auf Krisenmodus umzustellen und andererseits, die ordentliche medizinische Versorgung zu gewährleisten. Neben dem Normalbetrieb waren zahlreiche Zusatzaufgaben zu lösen: Gewährleistung der Trennung von Covid- und Nicht-Covid-Behandlungspfaden, Optimierung von Ausrüstung und Geräteparks zur Behandlung und zum Schutz der Patienten und Mitarbeitenden, Aufbau von Testzentren und später von Impfzentren. Vorab mussten die oft nicht bekannten Spezifikationen für die rasch zu errichtenden Infrastrukturlösungen erarbeitet werden; hinzu kamen die Rekrutierung von zusätzlichem Personal unterschiedlichster Kategorien, optimierte Einsatzplanungen und markant höhere Anforderungen an die Kommunikation. Intern galt es, mit dem gestressten Personal, extern mit den zahlreichen Anspruchsgruppen und ihren vielfältigen Bedürfnissen zu kommunizieren, zeitnah, transparent und permanent. Und das alles in Verhältnissen, in denen das physische Treffen von Personen absolut limitiert war.
Häuser, welche offen für die technologischen Innovationsprozesse sind, waren in diesem Krisenjahr klar im Vorteil. Dies, weil sie Erfahrung darin haben, Herausforderungen proaktiv zu meistern und weil sie gewohnt sind, mit neuen Methoden und Technologien zu arbeiten, respektive einige davon schon im Einsatz haben. Wer künstliche Intelligenz anwenden kann, um seine Personalressourcen präziser und schneller zu planen, wer mit all seinen Mitarbeitern via interaktiven Kommunikationstools verkehrt, wer Telekommunikation und digitale Lösungen im Verkehr mit seinen Kooperationspartnern und sogar mit seinen Patienten einsetzen kann, wer Daten professionell sammeln, analysieren und auswerten kann, wer prozessorientiert, integriert und im Co-Working Modus zu arbeiten gewohnt ist, wer Anmelde- und Terminfindungsprozesse digitalisiert anbieten kann, dem konnte das ausserordentlich anspruchsvolle Jahr weniger anhaben.
Gerade die Pandemiesituation mit ihrem grossen Impakt auf die Gesundheitsversorgung hat gezeigt: Innovative Häuser können den Anspruch, zum ganzheitlichen Dienstleistungszentrum rund um das Thema Gesundheit und Wohlbefinden zu werden, eher erfüllen - zum Nutzen der Patienten. Sie werden nach der Pandemie im beschleunigten Wandel der Spitallandschaft zu den Gewinnern gehören.
Das ganze schwierige Pandemie-Setting erfolgte in den Spitälern nota bene vor dem Hintergrund des Behandlungsverbotes im Frühjahr 2020 durch den Bundesrat. Dieses riss wegen den Ertragsausfällen und den durch die oben erwähnten Massnahmen verursachten Zusatzkosten riesige Löcher in die Finanzergebnisse bei praktisch allen Häusern. Während die schnellen und agilen Spitäler die verpassten Behandlungen und Eingriffe im Verlaufe des zweiten Halbjahres kompensieren konnten, blieben die trägeren Häuser nicht nur auf ihren pandemiebedingten Zusatzkosten sondern auch auf den Ertragsausfällen sitzen. Bis heute ist offen, was Kantone und die übrigen Kostenträger an die Stopfung diese Löcher leisten werden.
Das Corona Jahr hat uns gelehrt: Ein erfolgreiches Spital braucht mehr Interaktion zwischen den einzelnen Anspruchsgruppen. Spitäler, welche die Digitalisierung und Vernetzung proaktiv angehen, haben nicht nur im Krisenmodus Vorteile, sie werden auch im auf integrierte Versorgung ausgerichteten Gesundheitssystem die Nase vorne haben. In der Zusammenarbeit zwischen Spitälern, ihren Partnern und ihren Innovationstreibern, wie Bildungs- und Forschungsinstitutionen, Startups oder innovativen Versorgern, können Win-Win-Situationen zum Wohle aller entstehen. Bedingung dazu ist, dass Spitalführungen Veränderungen proaktiv angehen und Raum für Innovation schaffen. Die in der Pandemie von vielen Spitälern erprobten und angewandten technologischen Möglichkeiten stehen beispielhaft für ein effizienteres und konsequent auf den Patientennutzen ausgerichtetes Gesundheitswesen.
Daniel Heller ist Partner bei Farner Consulting AG. 2000 übernahm er das Präsidium der Spezialklinik Barmelweid, wandelte diese als erstes Spital im Kanton Aargau in eine gemeinnützige Aktiengesellschaft um und wurde 2014 Verwaltungsratspräsident der Kantonsspital Baden AG. Daneben hat er verschiedene Verwaltungsratspositionen im Finanzbereich und Startup Bereich. Er hat in Zürich Geschichte, Wirtschaftsgeschichte und Politikwissenschaften studiert (Promotion Dr. phil. I).